Transitland für Menschen auf der Flucht
Mexiko ist zum Transitland für Hunderttausende von Menschen geworden, die auf der Suche nach Schutz vor oft extremer Gewalt in ihren Heimatländern sind. Allein zwischen Januar und August 2024 befanden sich offiziellen Statistiken zufolge mehr als 925.000 Geflüchtete im Land. Oft sind es Menschen aus anderen lateinamerikanischen Ländern wie Guatemala, Honduras oder El Salvador, die vor Morden, Entführungen, Drohungen und Erpressungen nach Norden durch Mexiko in Richtung USA fliehen.
Aus Angst vor Abschiebung und der allgegenwärtigen Gewalt, die ihnen auf dem Weg durch Mexiko droht, schließen sich viele den sogenannten Karawanen an. Das sind Gruppen von mehreren Hundert bis Tausend Menschen, die gemeinsam die gefährliche Reise antreten. Trotz dieser prekären Umstände wagen sich immer mehr Menschen auf diese Route, und mit der wachsenden Zahl steigt auch der Bedarf an lokaler Unterstützung.
Während meiner Reise wurde ich entführt, geschlagen und ausgeraubt. Meine Entführer hielten mich über zehn Tage lang gefesselt und gaben mir nur einmal eine Tortilla und etwas Wasser. Sie banden mich an ein Rohr in einer Hütte. Ein Wachhund wurde neben mich gesetzt und beobachtete jede meiner Bewegungen. Stundenlang sah ich ihn an und dachte an meine Hunde zu Hause.
Marcos (27), Geflüchteter aus Venezuela
Unsere Hilfe in Mexiko im Jahr 2024
In Mexiko unterstützen und versorgen wir neu ankommende und gestrandete Geflüchtete an der südlichen und nördlichen Landesgrenze Mexikos. Zudem sind unsere mobilen Teams entlang der Migrationsrouten im Einsatz. In Mexiko-Stadt bieten wir medizinische Versorgung, psychologische Betreuung und Physiotherapie, sowohl für mexikanische Staatsbürger*innen als auch für Geflüchtete, an.
Ärzte ohne Grenzen bot erstmals 1985 Hilfe in Mexiko an.
Vor geschlossenen Grenzen: Gewalt und Willkür in Mexiko
Aufgrund immer strengerer Einwanderungs- und Asylgesetze in den USA sowie geschlossener Grenzen stranden viele Geflüchtete auf ihrem Weg nach Norden schließlich in Mexiko. Dort sind sie weiterhin Willkür und Gewalt ausgeliefert - sei es bei Massenverhaftungen, nach denen sie abgeschoben werden, oder während ihres Lebens im Verborgenen.
„In der Grenzstadt Ciudad Juárez werden sie von Menschenhändlern verfolgt, die darauf aus sind, sie zu entführen und zu erpressen“, erklärt unsere Psychologin Ivanna Servín. Zugang zu einer sozialen und rechtlichen Betreuung sowie medizinischer Versorgung haben die Menschen in der Regel nicht. Ihr Leid ist das Ergebnis einer politisch erzeugten humanitären Krise, die durch Abschottung provoziert wird, wie auch unser Bericht “Unwelcome” zeigt.
Aus Hoffnung, endlich in die USA zu gelangen, greifen viele Geflüchtete zu immer riskanteren Wegen. Sie stürzen von Frachtzügen, die sie als Transportmittel nutzen, oder zwängen sich in überfüllte Lastwagen ohne ausreichend Sauerstoff, Wasser und Nahrung. Auf diesen gefährlichen Routen werden sie zudem immer wieder zur Zielscheibe krimineller Banden.
Diese Politik, in Verbindung mit der drastischen Reduzierung der Hilfe und der humanitären Präsenz entlang der Migrationsroute, hat verheerende Auswirkungen auf das Wohlergehen der Schutzsuchenden. Dieses Leid wird bewusst unsichtbar gemacht und durch die falsche Behauptung, dass die Migration aufgehört habe, verschleiert. Aber wir sehen täglich die Folgen: Menschen mit unbehandelten Verletzungen, Traumata durch sexualisierte Gewalt und schweren psychischen Erkrankungen, die ihnen einen normalen Alltag unmöglich machen.
Franking Frías, stellvertretender Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Mexiko und Mittelamerika
Die unsichtbaren Folgen von Gewalt und Flucht
Die Geflüchteten leben häufig unter äußerst schwierigen Bedingungen. Ihnen fehlt es an grundlegender Versorgung wie sauberem Wasser, sicheren Unterkünften, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. Frauen, Kinder und chronisch erkrankte Menschen sind davon besonders stark betroffen.
Darüber hinaus stellen massive Gewalt, unsichere Lebensbedingungen, Zukunftsängste und die Trennung von Angehörigen für Geflüchtete eine enorme physische und psychische Belastung dar. Viele von ihnen leiden infolgedessen unter akutem Stress, Depressionen, Angstzuständen und posttraumatischen Belastungsstörungen.
Mit großer Sorge beobachten wir zudem, dass insbesondere Fälle sexualisierter Gewalt deutlich zunehmen. Neben den schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen, etwa durch sexuell übertragbare Krankheiten, hinterlässt diese besonders grausame Form der Gewalt tiefe seelische Wunden. Viele Überlebende kämpfen mit anhaltenden Traumata und starkem psychischem Stress.
Daher legen wir besonderen Wert auf die psychosoziale Unterstützung von Geflüchteten, um ihnen Stabilität, Sicherheit und einen geschützten Raum zur Verarbeitung ihrer Erfahrungen zu bieten.
Ihr Engagement macht einen Unterschied!
Wir bieten Ihnen vielseitige Möglichkeiten, unsere humanitäre Arbeit zu unterstützen.
Zuletzt aktualisiert: 01. Oktober 2025