Erdbeben in Afghanistan - unsere Hilfe
Nach dem verheerenden Erdbeben und den Nachbeben im Osten Afghanistans zwischen dem 31. August und dem 4. September 2025 erreichte ein Team von uns am 2. September die Provinzen Nangarhar und Laghman. Laut Angaben der Vereinten Nationen benötigen rund eine halbe Million Menschen dringend Hilfe.
Unser Team besuchte das Regionalkrankenhaus von Nangarhar in der Stadt Dschalalabad sowie das Provinzkrankenhaus von Laghman. Die beiden Krankenhäuser waren bereits vor dem Erdbeben voll ausgelastet. Wir haben Material zur Versorgung von Verletzten an beide Krankenhäuser verteilt. Inzwischen leisten wir auch medizinische Hilfe im Camp Patang in der Provinz Kunar. Dort sind rund 1.000 betroffene Familien untergebracht. Unsere Teams führen ambulante Konsultationen durch, kümmern sich um die Versorgung von Wunden, um Routineimpfungen, sexuelle und reproduktive sowie psychosoziale Gesundheitsversorgung und um Vorsorgemaßnahmen gegen Krankheitsausbrüche.
Wir haben Patient*innen behandelt - hauptsächlich wegen Fieber und Wundversorgung. Gleichzeitig haben unsere Teams am Gesundheitszentrum weitergebaut. Im Camp ist es sehr heiß, und man sieht Hunderte von Zelten, in denen immer mehr Menschen unterkommen. Wir tun unser Bestes, um Hilfe zu leisten.
Ghausuddin Sabir, Notfallpfleger bei Ärzte ohne Grenzen
Die betroffenen Gemeinden sind immer noch traumatisiert, müssen den Verlust ihrer Häuser und Angehörigen verarbeiten und benötigen grundlegende Dinge wie Kleidung, Hygieneartikel und Unterkünfte. Die Zerstörung der Infrastruktur wirkt sich u.a. auf den Zugang zu sauberem Wasser aus, was das Risiko von Infektionskrankheiten erhöht. Sie brauchen Schutz, insbesondere die Kinder, von denen einige ihre gesamte Familie verloren haben.
Die aktuelle Situation in Afghanistan
Personalmangel und chronische Unterfinanzierung belasten das afghanische Gesundheitssystem seit langem massiv. Viele Menschen haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Nach dem Regierungswechsel im August 2021 hat sich die Situation weiter verschlechtert: Zu den hohen Arbeitslosenraten und der Armut in Afghanistan kommt hinzu, dass restriktive Verordnungen darauf abzielen, Frauen die Teilhabe am öffentlichen und beruflichen Leben zu verwehren. Zuletzt haben die Taliban angekündigt, Frauen vom Studium an medizinischen Instituten auszuschließen. Alle diese Maßnahmen werden in dem Land weitreichende Folgen für die Gesundheit, insbesondere von Frauen und Kindern, haben. Dabei gehören die Müttersterblichkeitsraten zu den höchsten weltweit, und Frühgeburten sind eine der Hauptursachen der hohen Sterblichkeitsraten von Neugeborenen in Afghanistan.
Auch die Abwicklung der Entwicklungshilfebehörde USAID durch die USA hat massive Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung im Land. Mehr als 1 Milliarde US-Dollar an Projektmitteln für Afghanistan wurden bereits gestrichen.
So helfen wir (Auszug)
- Wir stellen eine kostenlose, qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für Mütter und Neugeborene in Krankenhäusern oder Gesundheitseinrichtungen in den Provinzen Balch, Bamiyan, Helmand, Herat und Chost bereit. Die Ausbildung von medizinischem Personal ist ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil unserer Arbeit.
- Wir unterstützen die Diagnose und Behandlung von resistenter Tuberkulose. In der Provinz Kandahar im Süden des Landes betreiben wir ein Labor sowie Einrichtungen zur Aufnahme von Patient*innen während ihrer Behandlung.
- In Kundus betreiben wir ein Traumazentrum, um Verletzte zu versorgen.
- In Kandahar und an weiteren Standorten behandeln wir mangelernährte Kinder - auch stationär.
- Auch bei Masern-Epidemien werden wir aktiv.
Podcastfolge: Hilfe nach dem Regierungswechsel
Eine einzige Klinik für 1,5 Millionen Menschen: „Das Krankenhaus, das wir hier betreiben, ist das einzige richtige Provinzkrankenhaus für 1,5 Millionen Menschen, die hier leben“, sagt Maria Fix. Sie war leitende Krankenpflegerin bei Ärzte ohne Grenzen und arbeitete seit der Machtübernahme in Afghanistan vor Ort in unserem Krankenhaus in Laschkar Gah. Seit die Taliban im August 2021 die Macht übernommen und das Islamische Emirat in Afghanistan ausgerufen haben, mussten viele Krankenhäuser ihre Pforten schließen.
Warum wir in Afghanistan helfen
Die zunehmende Armut und das überlastete Gesundheitssystem verschärfen die anhaltende humanitäre Krise. Das Gesundheitssystem ist abhängig von ausländischen Geldern. Die Finanzierung ist deutlich geringer als vor dem Regierungswechsel im August 2021 und bleibt unsicher. Auch die Auswirkungen der Streichung von USAID-Programmen sind bereits deutlich spürbar: Nach Angaben der WHO haben aufgrund der Beendigung dieser Finanzierung mehr als 420 Gesundheitseinrichtungen in Afghanistan ihre Arbeit beenden müssen.
Versorgung für Patient*innen drastisch gesunken
Bereits jetzt beobachten wir in unseren Einrichtungen, dass einerseits deutlich mehr Kinder bei uns eingeliefert werden. Andererseits treffen viele Menschen erst in kritischem Zustand bei uns ein: Sie können sich die weiten Fahrten zur nächsten medizinischen Einrichtung nicht leisten und zögern daher zu lange. Unsere Kolleg*innen im Boost-Hospital (Provinz Helmand) berichten uns beispielsweise, dass sie allein im April dieses Jahres fast 13.740 Kinder unter 5 Jahren in der Notaufnahme des Krankenhauses aufgenommen haben - die höchste monatliche Patient*innenrate dort seit 2020. Leider ist es keineswegs die Ausnahme, dass die Mitarbeitenden große Schwierigkeiten haben, überhaupt noch Betten zu finden, in die sie Patient*innen verlegen können.
Auch die Auswirkungen fehlender präventiver Maßnahmen machen sich bemerkbar. So mussten wir im März 2025 bekanntgeben, dass in 3 von uns unterstützten Einrichtungen fast 3-mal so viele Todesfälle durch Masern zu verzeichnen waren als im Jahr zuvor (bis 12. März 2025 starb dort täglich ein Kind an den Folgen von Masern).
Frauen und Kinder sind besonders betroffen
In Afghanistan trifft die fehlende medizinische Versorgung besonders Frauen und Kinder hart. Nach Angaben der WHO sterben dort 144-mal mehr Mütter bei der Geburt als in Deutschland. Auch die Säuglings- und Kindersterblichkeit ist hoch. Dadurch, dass Frauen zunehmend in ihrem Alltagsleben eingeschränkt sind, wird es für sie noch schwieriger, eine Gesundheitsversorgung zu bekommen.
In unseren Projekten beschäftigen wir weiterhin sowohl afghanische als auch internationale weibliche Mitarbeiterinnen. Schon in der Vergangenheit war es in einigen Projekten schwierig, medizinische Mitarbeiterinnen zu finden. Mittlerweile haben Frauen und Mädchen kaum noch die Möglichkeit, zu lernen und (medizinische) Berufe zu erlernen. Wenn der Hälfte der afghanischen Bevölkerung der Zugang zu Bildung verwehrt wird, wird das für die Gesundheitsversorgung der gesamten afghanische Gesellschaft weitreichende Folgen haben.

So können Sie helfen
Wir bieten Ihnen vielseitige Möglichkeiten, unsere humanitäre Arbeit zu unterstützen.
Zuletzt aktualisiert am 12. September 2025