Sudan: Krieg im Schatten der Weltöffentlichkeit
Seit April 2023 dauert der Krieg zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) an, in dem es zu massiver Gewalt kommt. Mehr als 12 Millionen Menschen wurden vertrieben. Mehr als 30 Millionen Menschen im Land sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Sudan ist derzeit das einzige Land auf der Welt, an dem an mehreren Orten offiziell eine Hungersnot ausgerufen wurde. 80 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in den Konfliktgebieten sind geschlossen oder kaum noch funktionsfähig. Millionen Menschen in einer der schlimmsten humanitären Krisen der jüngeren Geschichte sind daher ohne lebenswichtige Versorgung. Es fehlt drastisch an Hilfe. Auch Hunderttausende in Nachbarländer geflohene Menschen benötigen Unterstützung. So helfen wir ihnen beispielsweise im Tschad und im Südsudan.
Eine Frau gebar auf der Flucht ihr Kind. Später wurde ihr ein einziger Platz in einem Auto angeboten. Sie entschied sich dafür, ihn ihrer Mutter mit ihrem Neugeborenen zu geben. Sie selbst lief mit ihren anderen Kindern weiter, ohne zu wissen, ob sie ihr Neugeborenes je wiedersehen würde. Niemand sollte in die Situation kommen, solch unmögliche Entscheidungen treffen zu müssen. [...] Als Großmutter und Kind bei uns im Tschad ankamen, war das Baby schwer mangelernährt, und wir nahmen es in unsere Obhut. Erst Wochen später traf seine Mutter mit den anderen Kindern dort ein.
Claire San Filipo, Notfall-Koordinatorin bei Ärzte ohne Grenzen
So helfen wir im Sudan
Die Gewalt durch beide Konfliktparteien behindert unsere Arbeit im Land: Seit Kriegsbeginn haben wir mehr als 80 gewaltsame Vorfälle gegen Mitarbeitende sowie Angriffe auf Infrastruktur, Fahrzeuge und Vorräte unserer Organisation verzeichnet (Stand: April 2025). Hilfsgüter wurden beschlagnahmt und Lieferungen behindert, Einrichtungen geplündert, Medikamente gestohlen und Mitarbeitende bedroht. Es fehlen Visa. Die sudanesischen Behörden blockieren beispielsweise den Zugang für Personal und Hilfsgüter in Regionen, die von den Rapid Support Forces kontrolliert werden. Unsere mehr als 1.300 sudanesischen und über 180 internationalen Mitarbeiter*innen tun ihr Möglichstes, um die Menschen zu unterstützten. Darunter sind die im Folgenden aufgeführten Aktivitäten:
Die Zahlen haben den Stand April 2025. Sie beziehen sich auf die zurückliegenden 2 Jahre, falls nicht anders angegeben.
Kliniken & Gesundheitszentren unterstützen
Wir unterstützen 33 Einrichtungen in 10 Bundesstaaten. Mehr als 1,7 Mio Menschen haben wir behandelt.
Geburten begleiten
Wir habenr mehr als 35.300 Frauen bei der Entbindung ihrer Kinder begleitet.
Mangelernährung behandeln
67.000 mangelernährte Kinder wurden von uns versorgt.
Psychosoziale Unterstützung
2024 haben wir 8.000 Klient*innen mit Einzelgesprächen begleitet. Fast 206.000 Menschen haben an unseren Gruppensitzungen teilgenommen.
Malaria behandeln
Fast 175.000 Malaria-Patient*innen haben wir 2024 behandelt.
Cholera behandeln
Seit August 2024 haben wir Behandlungszentren eingerichtet und stellen Trinkwasser, Handwaschplätze, Latrinen und Hygiene-Kits bereit.
Wasser- und Sanitärbereich
Wir errichten Latrinen und Wasserversorgungspunkte bzw. reinigen diese.
Das fordern wir angesichts des Kriegs im Sudan
- Ärzte ohne Grenzen fordert alle Kriegsparteien eindringlich auf, die Zivilbevölkerung zu schützen und ihre Verpflichtungen gemäß dem humanitären Völkerrecht einzuhalten. Die RSF und deren Verbündete müssen sofort alle ethnisch motivierten Übergriffe auf nicht-arabische Gemeinschaften und die Belagerung von Al-Faschir beenden, sowie sichere Fluchtwege ermöglichen. Die Lieferung lebensrettender Hilfsgüter darf nicht blockiert werden. Alle Grenzübergänge müssen für eine ausreichende Versorgung aller Regionen genutzt werden können.
- Humanitären Organisationen muss uneingeschränkter Zugang zu Al-Faschir und der Umgebung gewährt werden, um dringend benötigte Hilfe leisten zu können.
- Internationale Akteure, Institutionen und Mitgliedsstaaten der UN, sowie Staaten, die die Konfliktparteien unterstützen, müssen jetzt handeln und Druck ausüben, um weitere Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu verhindern und humanitäre Hilfe zu ermöglichen.
Kriegsregion Darfur: Gewalt, Vertreibung und Not
Seit Mai 2024 haben die RSF und Verbündete Al-Faschir, das Samsam-Camp und umliegende Orte in Nord-Darfur belagert. Die betroffenen Gemeinden sind seither von Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung weitestgehend abgeschnitten. Die Folgen sind für alle Menschen, aber insbesondere für Kinder dramatisch: Mangelernährung hat stark zugenommen, humanitäre Hilfe wurde massiv eingeschränkt.
In Nord-Darfur im Sudan verüben die Kriegsparteien Gräueltaten an der Zivilbevölkerung:
Die Menschen sind nicht nur zwischen den Fronten schwerer Kämpfe zwischen den RSF und den SAF [...] gefangen – sie werden auch oft gezielt von den RSF und deren Verbündeten angegriffen, insbesondere aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit.
Michel Olivier Lacharité, Leiter der Nothilfeprogramme von Ärzte ohne Grenzen
Infolge der Offensive der RSF und Verbündeter auf das Samsam-Camp im April 2025 mussten in weniger als drei Wochen schätzungsweise 400.000 Menschen fliehen. Ein Großteil suchte Zuflucht in Al-Faschir, wo die Menschen kaum humanitäre Hilfe bekommen und weiterer Gewalt ausgesetzt sind.
Auch der Süden von Darfur bleibt nicht von Gewalt verschont. Zwischen Januar 2024 und März dieses Jahres haben wir dort fast 660 Überlebende sexualisierter Gewalt behandelt. Die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher.
Mangelernährung im Sudan - und jetzt kommt die Regenzeit
Im Sudan wurde in 10 Gebieten offiziell eine Hungersnot ausgerufen. Es ist zu befürchten, dass weitere Regionen folgen.
Mit der bevorstehenden Regenzeit könnte sich die Lage weiter zuspitzen: Versorgungswege könnten unterbrochen und weite Gebiete überflutet werden - ausgerechnet dann, wenn der Mangel an Nahrungsmitteln und Malaria ihren Höhepunkt erreichen. Es muss deshalb schnell gehandelt werden: Mehr Grenzübergänge müssen geöffnet werden, Straßen und Brücken müssen repariert werden und befahrbar bleiben.

ThemenTalk: "Sudan - (Un-)mögliche Hilfe"
In unserem Thementalk vom Oktober 2024 berichtet unsere Kolleg*in Maria Fix live aus der Region Darfur. Im Austausch mit der Leiterin unserer politischen Abteilung, Lara Dovifat, geht es um die Möglichkeiten und Grenzen unserer Hilfe im Sudan.
Blick in die Geschichte
Seit 1979 leisten wir humanitäre Hilfe im Sudan, wo Bürgerkriege, Dürren und Hungersnöte die Menschen vor große Herausforderungen stellen. Unser Engagement begann kurz vor dem zweiten sudanesischen Bürgerkrieg von 1983 bis 2005 zwischen dem Norden und dem Süden des Landes. Wir leisteten medizinische Hilfe, versorgten Vertriebene und mangelernährte Kinder. Als der Konflikt in der sudanesischen Region Darfur ausbrach, der zu Völkermordvorwürfen und Massenvertreibungen führte, waren wir eine der ersten internationalen Organisationen, die auf die humanitäre Krise aufmerksam machten und trotz enormer logistischer Herausforderungen und Sicherheitsproblemen die notwendige medizinische Hilfe leistete.
Seit der Unabhängigkeit des Südsudans setzen wir unsere Hilfe in beiden Ländern fort.

Bericht: "Besieged, Attacked, Starved"
Dieser Bericht dokumentiert die systematische Gewalt gegen die Zivilbevölkerung durch Kriegsparteien in Nord-Darfur – mit einem Schwerpunkt auf die Region rund um die Landeshauptstadt Al-Faschir und das nahegelegene Samsam-Camp.

Auswirkungen von Konflikten auf die Gesundheit von Müttern & Kindern in Darfur
Die Konflikte im Sudan haben zu einer schweren Krise in der Gesundheitsversorgung von Müttern und zu Mangelernährung bei Kindern geführt.
So können Sie helfen
Zuletzt aktualisiert am 10.7.2025