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Westjordanland: Neue Militäroperationen erschweren Zugang zur Gesundheitsversorgung

Jerusalem/Berlin, 24. Juni 2025. Im Westjordanland haben israelische Streitkräfte zuletzt ihre Einsätze ausgeweitet. Für die palästinensische Bevölkerung wird der Zugang zu medizinischer Versorgung dadurch noch schwieriger. Aufgrund der Sicherheitsrisiken musste Ärzte ohne Grenzen die Tätigkeit von mobilen Kliniken in Hebron und Nablus vorübergehend einstellen.

Infolge der vermehrten Militäroperationen in den Bezirken Dschenin, Nablus und Tulkarem spitzt sich die ohnehin angespannte Lage für die Bevölkerung weiter zu.

In der vergangenen Woche wurde das Leben der Menschen im Westjordanland noch stärker als bisher von einer Besatzungsmacht bestimmt – während der Rest der Welt wegschaut. So kann es nicht weitergehen.

Simona Onidi, Projektkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen für Dschenin und Tulkarem

Am 13. Juni haben die israelischen Behörden sämtliche großen Checkpoints und Zufahrten nach Hebron für vier Tage gesperrt. Dadurch mussten Menschen, die medizinische Hilfe benötigten, lange Strecken zu Fuß zurücklegen – mit dem Risiko, beschossen oder gar nicht durchgelassen zu werden.

„Am 14. Juni wollte ich meinen Bruder zu einem Arzttermin von Bethlehem nach Hebron bringen. Normalerweise dauert das 25 Minuten. Durch die neuen Sperren waren alle Hauptzufahrten blockiert. Wir waren drei Stunden unterwegs, und schlussendlich musste mein Bruder – obwohl er schwer krank war – zu Fuß durch einen geschlossenen Checkpoint gehen, so wie viele andere auch”, erzählt Oday Al-Shobaki, Kommunikationsreferent von Ärzte ohne Grenzen. Ein weiterer Mitarbeiter berichtet, wie einen Tag zuvor sein Dorf in Tulkarem gestürmt wurde: „Israelische Soldaten haben zwei Wohnhäuser besetzt und in Militärposten umfunktioniert. Die Bewohner*innen wurden vertrieben. Seither patrouillieren die Streitkräfte regelmäßig im Ort, führen Verhöre, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen durch.“

Wegen der Sperren an Checkpoints und der wachsenden Sicherheitsrisiken durch die Militäreinsätze musste Ärzte ohne Grenzen die Tätigkeit von mobilen Teams in Hebron und Nablus vorübergehend einstellen. Damit fallen wichtige Angebote im Bereich der psychologischen Betreuung, der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung und der Basisversorgung weg. In Dschenin und Tulkarem mussten die mobilen Teams ihre Arbeitszeiten immer wieder anpassen. An manchen Tagen konnten sie vor Ort tätig sein, an anderen war das nicht möglich – je nachdem, ob israelische Streitkräfte in den umliegenden Dörfern stationiert waren. Viele Patient*innen können derzeit nur telefonische Beratungen nutzen.

Seit Jahren finden im Westjordanland Militäroperationen und gewaltsame Hausdurchsuchungen durch das israelische Militär statt. Bereits 2022 erreichte die Zahl der Todesopfer unter Palästinenser*innen durch Gewalt israelischer Streitkräfte und Siedler*innen einen Höchststand. Seit Oktober 2023 haben die israelischen Behörden die repressiven Maßnahmen deutlich verschärft: Bewegungseinschränkungen, systematische Gewaltanwendung und gezielte Behinderung des Zugangs zu grundlegenden Diensten bestimmen zunehmend das Leben der Menschen.

„Wir fordern die internationale Staatengemeinschaft auf, nicht bei bloßen Verurteilungen zu bleiben, sondern echten Druck auf die israelischen Behörden auszuüben: für ein Ende der exzessiven Gewalt und der Einschränkungen, die den Zugang zu medizinischer und humanitärer Hilfe blockieren. Gleichzeitig braucht es dringend mehr Unterstützung für vertriebene und isolierte Gemeinschaften im Westjordanland“, so Simona Onidi abschließend.