Die Situation in Gaza
Seit der Wiederaufnahme der Angriffe und der Blockade der Hilfslieferungen durch Israel ist Gaza für die Palästinenser*innen zur Hölle auf Erden geworden. Das Überleben der Menschen hängt vom Willen der israelischen Behörden ab, die der Bevölkerung den Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, medizinischer Versorgung und Unterkünften verweigern. Die israelische Regierung zerstört bewusst die Lebensgrundlagen in Gaza. Was unsere Kolleg*innen vor Ort in Gaza täglich beobachten und erleben deckt sich mit den Einschätzungen zahlreicher Völkerrechtsexpert*innen und anderer Organisationen, dass in Gaza ein Genozid stattfindet.
Die Menschen in Gaza leben seit Oktober 2023 unter den katastrophalen Bedingungen des Krieges. Mehr als 57.000 Menschen wurden getötet, fast ein Drittel davon Kinder, und mehr als 137.500 Menschen sind verletzt. 94 % der medizinischen Einrichtungen sind zerstört oder beschädigt. Mehr als 90 % der Bevölkerung im Gazastreifen mussten fliehen, zum Teil mehrfach.
Wir fordern

Jetzt Aufruf an die Bundesregierung unterschreiben!
Unsere Forderungen: Gemeinsam können wir den öffentlichen Druck verstärken.
Neben unserem Aufruf mit unseren Forderungen haben wir bereits am 28. Mai 2025 gemeinsam mit 8 anderen Hilfsorganisationen, die in Gaza Nothilfe leisten, vor dem Auswärtigen Amt in Berlin eine “rote Linie” gezogen: als unmissverständliches Symbol für den Schutz des humanitären Völkerrechts. Unsere Botschaft: Es gibt ausreichend erfahrene Akteure vor Ort, die sofort noch mehr Hilfe leisten könnten – wenn die Angriffe enden und die Blockade gelockert wird. Dafür braucht es jetzt politischen Willen und eine klare Positionierung. Die deutsche Bundesregierung muss auch die Verteilung von Hilfsgütern durch die private “Gaza Humanitarian Foundation” (GHF) unmissverständlich ablehnen und ausschließen, dass deutsche Mittel in solche Strukturen fließen. Beim Versuch, an den Verteilstellen der GHF-Hilfen zu erhalten, sind Palästinenser*innen wiederholt unter Beschuss geraten. Es gab zahlreiche Tote; hunderte Menschen wurden so schwer verletzt, dass sie klinisch versorgt werden mussten.
Eine humanitäre und medizinische Katastrophe
Aktuell ist kein einziges Krankenhaus im Gazastreifen mehr voll funktionsfähig. Von 36 Einrichtungen sind nur noch 17 (teilweise) in Betrieb und vollkommen überlastet. Das medizinische Personal ist erschöpft. Die Bedingungen, unter denen Patient*innen versorgt werden müssen, sind katastrophal. Die meisten Krankenhäuser haben keinen Strom und kein fließendes Wasser mehr. Die meisten Gebäude sind beschädigt oder zerstört. Die Beschränkungen und Hindernisse für die Einfuhr von Hilfsgütern durch die israelischen Behörden führen zu einer kritischen Knappheit an Medikamenten, Nahrungsmitteln und Wasser. „Der Mangel hat ein solches Ausmaß erreicht, dass wir gezwungen sind, Patient*innen in einigen Einrichtungen abzuweisen”, berichtet unsere Nothilfekoordinatorin Caroline Seguin.
So helfen wir
- Wir leisten im Gazastreifen Notfallchirurgie, versorgen Verletzte, bieten Physiotherapie, medizinische Grundversorgung und Geburtshilfe sowie psychosoziale Unterstützung an.
- Wir bringen soweit möglich Medikamente, Hilfsgüter und medizinisches Material in den Gazastreifen.
- Im Gazastreifen stellen wir Trinkwasser, Sanitäranlagen und Hygiene-Kits bereit.
- Im Westjordanland versorgen wir Notfälle, spenden medizinische Güter und unterstützen psychologisch.
Ärzte ohne Grenzen ist seit 1989 in den Palästinensischen Gebieten – dem Gazastreifen sowie dem Westjordanland – aktiv.
Unsere Hilfe in Zahlen
Die Zahlen beziehen sich auf unsere Aktivitäten im Gazastreifen von Kriegsbeginn im Oktober 2023 bis Anfang Juni 2025.
Notfallchirurgie
Wir haben mehr als 23.000 Operationen realisiert.
Ambulante Versorgung
Wir haben fast 1.005.000 ambulante Konsultationen ermöglicht.
Schwangerschaftsvorsorge und Geburtshilfe
Wir haben mehr als 58.880 vorgeburtliche Beratungen geleistet. Zudem haben wir 13.226 Geburten begleitet.
Trinkwasserversorgung
Mit Wassertrucks stellen wir 1.400.000 Liter Trinkwasser pro Tag für mehr als 200.000 Menschen. Zusätzlich versorgt die von uns unterstützte Umkehrosmoseanlage (RO) in Gaza-Stadt täglich 160.000 Menschen mit Wasser.
Stationäre Behandlungen
Wir haben fast 46.640 Patient*innen stationär versorgt.
Wasser- und Sanitäranlagen
In Zusammenarbeit mit PARC bauen wir in 2 Geflüchtetencamps Latrinen und stellen Hygiene-Sets sowie Wasseraufbereitungsanlagen bereit. Zudem unterstützen wir ein Camp, in dem 400 Menschen mit Behinderung leben.
Hilfe wird blockiert, bombardiert, instrumentalisiert
Die Bedingungen, unter denen unsere Mitarbeiter*innen arbeiten, sind extrem herausfordernd und gefährlich. 12 unserer Kolleg*innen sowie mehrere ihrer Angehörigen wurden getötet - zum Teil während sie sich in klar mit unserem Logo gekennzeichneten Unterkünften befanden oder im Krankenhaus arbeiteten. Wir sind entsetzt und trauern um diese Menschen.
Seit Beginn des Krieges mussten wir 18 Gesundheitseinrichtungen aufgrund extremer Gewalt verlassen. Unsere Teams haben sehr viele Luft- oder Bodenangriffe auf medizinische Einrichtungen erduldet. Das ist vollkommen inakzeptabel und macht es nahezu unmöglich zu helfen.
Hinzu kommt, dass Hilfslieferungen von Israel blockiert werden – die wenigen Güter, die seit Mai 2025 wieder in den Gazastreifen gelassen werden, reichen nicht aus und kommen vor allem im Norden nicht bei den Menschen an. Vor dem Krieg erreichten 500 Lastwagen pro Tag den Gazastreifen. Zu uns gelangte seit 18. Mai 2025 neun Lastwagen mit einigem medizinischem Material. Das reicht nicht einmal aus, um ein Minimum an Überleben zu sichern – von medizinischer Versorgung ganz zu schweigen. Wir wollen Leben retten, doch werden gezielt daran gehindert.
Die psychische Belastung ist immens
Unsere Mitarbeiter*innen im Gazastreifen haben seit Oktober 2023 mehr als 55.000 Menschen individuell psychosozial beraten. Eine dieser Mitarbeiter*innen ist die Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk. Sie hat vor Ort gesehen, welche gravierenden Auswirkungen die Situation auf die Menschen hat – insbesondere auf Kinder, und sagt: „Jeder und jede im Gazastreifen ist von diesem Krieg betroffen. Es gibt niemanden, der nicht erlebt hat, wie Freunde oder Verwandte verwundet oder getötet wurden. Und die Menschen im Gazastreifen können vor diesem Krieg nicht fliehen, denn Sicherheit gibt es im Gazastreifen nirgendwo.“
Hinzu kommt, dass es im Gazastreifen einfach an allem fehlt, auch an einer Vorstellung von der Zukunft. Für viele Menschen ist nicht nur die Gegenwart – die Bomben, die Kämpfe und die Trauer – eine große Qual, sondern auch die Leerstelle: Was wird danach kommen?
Die Menschen leben in ständiger Angst und sind traumatisiert. Am stärksten leiden die Kinder. Einige ziehen sich vollständig zurück und verstummen, andere geraten durch Kleinigkeiten in Panik. Der ständige Stress und die ständige Retraumatisierung wirken sich auf ihre Entwicklung aus und haben sicher für viele Betroffene Folgen, die sie ein Leben lang nicht loswerden.
Kathrin Glatz Brubakk, Kinderpsychologin von Ärzte ohne Grenzen
Im Podcast: Als Kinderpsychologin im Einsatz in Gaza
„Es ist die stille Katastrophe, in der ich als Kinderpsychologin arbeite “, sagt Katrin Glatz Brubakk. Sie war mit uns bereits mehrfach im Einsatz, darunter im Gazastreifen und im Geflüchtetencamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Katrin Glatz Brubakk diskutiert mit den Co-Moderator*innen, wie Kinder auf traumatische Erlebnisse reagieren und worauf man bei ihrer Behandlung achten muss.
Unsere Hilfe im Westjordanland
Unsere Mitarbeitenden arbeiten auch in Hebron, Nablus, Tulkarem und Dschenin. Sie bieten unter anderem Notfallversorgung, medizinische Grundversorgung, sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung und psychosoziale Hilfe an. Allein in Hebron sind wir u. a. mit 17 mobilen Teams unterwegs und versorgen u. a. Menschen, die von Angriffen der Siedler betroffen sind und gewaltsam vertrieben wurden – darunter Kinder, Frauen und ältere Menschen. Unsere Mitarbeitenden berichten, dass auch im Westjordanland die Gewalt seit Kriegsbeginn zugenommen hat. Der Zugang zu den betroffenen Gemeinden ist aufgrund der erhöhten Sicherheitsrisiken stark eingeschränkt. Ambulanzen und medizinische Einrichtungen werden blockiert oder angegriffen. Zwischen dem 1. Januar 2024 und dem 30. April 2025 wurden mindestens 41.272 Palästinenser*innen im gesamten Westjordanland vertrieben. 947 Palästinenser*innen, darunter 200 Kinder, wurden im Zeitraum zwischen 7. Oktober 2023 und 12. Juni 2025 getötet.
Lesen Sie mehr zur Situation im Westjordanland in diesem Bericht.

So können Sie helfen
Zuletzt aktualisiert am 10. Juli 2025