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Ukraine

Ukraine: 34 Patient*innen nach Angriff auf Marktplatz in Kostjantiniwka im Krankenhaus

Kostjantiniwka/Berlin, 8. September 2023. Bei der Explosion auf einem Marktplatz in Kostjantiniwka in der ukrainischen Region Donezk am Mittwoch sind zahlreiche Menschen getötet und verletzt worden. Im Krankenhaus von Kostjantiniwka, wo Ärzte ohne Grenzen die Notaufnahme des Gesundheitsministeriums unterstützt, wurden 34 Patient*innen aufgenommen, von denen 15 sofortige lebensrettende Hilfe benötigen.  

„Ich wurde dringend in das Krankenhaus gerufen“, sagt IIya Bilokonov, Anästhesist von Ärzte ohne Grenzen im Krankenhaus von Kostjantiniwka. „Als wir ankamen, waren viele Verletzte in allen Zimmern und auf dem Flur. Die meisten waren schwer verletzt – sie hatten Minensprengstoffverletzungen und Verbrennungen. Alle Unfallchirurg*innen waren im Einsatz, alle Operationssäle waren voll besetzt. Leider kommt es hier häufig zu Angriffen auf Zivilist*innen und zivile Infrastruktur.“ 

Im Krankenhaus wurden fünf Patient*innen sofort für eine Notoperation in den Operationssaal gebracht. Ärzte ohne Grenzen transportierte außerdem vier Patient*innen in kritischem Zustand von Kostjantiniwka nach Dnipro, wo sie eine Spezialbehandlung erhielten.  

Unter ihnen war auch eine junge Frau, die aufgrund einer schweren Bauchverletzung, eines Thoraxtraumas, eines Pneumothorax und massiven Blutverlustes mechanisch beatmet und kontinuierlich medizinisch versorgt werden musste. Die Mutter der Patientin, Inna, berichtet, ihre Tochter habe als Marktverkäuferin gearbeitet, als der Angriff erfolgte. „Ich hörte eine Rakete fliegen“, sagt Inna. „Ich wurde von der Druckwelle zurückgeschleudert. Als ich aufstand, rannte ich sofort auf den Markt. Ich spürte die Gefahr in meinem Herzen“, sagt Inna. „Sie lag zwischen zwei kaputten Autos – die Autos brannten. Ich fing an zu schreien. Passant*innen rannten herbei und zogen meine Tochter heraus.“ 

Heftige Angriffe und Explosionen in der Stadt und den umliegenden Vororten von Kostjantiniwka gehören inzwischen fast zur täglichen Realität. Die Stadt liegt etwa 20 Kilometer westlich der Frontstadt Bachmut, einem Gebiet, das sich in diesem Krieg als Brennpunkt erwiesen hat. Mit dem Näherrücken der Kampflinie ist das Risiko für die Menschen in Kostjantiniwka und den umliegenden Gebieten gestiegen.  

Das Krankenhaus in Kostjantiniwka ist eine der wenigen funktionierenden Gesundheitseinrichtungen in der Nähe der östlichen Frontlinien. Da zahlreiche medizinische Einrichtungen in den Nachbarstädten entweder zerstört oder geschlossen wurden und die Menschen in der Region – einschließlich des medizinischen Personals – fliehen mussten, versorgt das Krankenhaus von Kostjantiniwka nun auch Patient*innen aus dem gesamten Bezirk.  

Angesichts des nahezu ständigen Beschusses und Alarms wägen die Menschen, die in der Region geblieben sind, sorgfältig ab, ob sie den Gang in eine medizinische Einrichtung wagen. Viele von ihnen sind ältere Menschen mit chronischen Krankheiten. Um die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten, betreiben die Teams von Ärzte ohne Grenzen mobile Kliniken in Dörfern in der Nähe von Kostjantiniwka. 

Das Gesundheitssystem in der Region Donezk reagiert unter harten Bedingungen nahe den Frontlinien auf die enormen Bedürfnisse der Menschen vor Ort. Ärzte ohne Grenzen versucht, Lücken zu schließen, die durch den Krieg verursacht und verschlimmert worden sind. 

Zwischen August 2022 und August 2023 wurden über 1.800 Patient*innen in die Notaufnahme des Krankenhauses in Kostjantiniwka eingeliefert. Bis Ende August 2023 wurden seit der Eskalation des Krieges insgesamt 3.489 Patient*innen mit dem medizinischen Evakuierungszug von Ärzte ohne Grenzen vom Osten in den Westen der Ukraine verlegt. In der Nähe der Frontlinien in den Regionen Donezk, Cherson, Dnipropetrowsk und Saporischschja haben die Krankenwagen von Ärzte ohne Grenzen bis Ende August 2023 mehr als 6.968 Patient*innen transportiert, von denen etwa 60 Prozent an einem Gewalttrauma litten.

Für weitere Auskünfte sprechen Sie uns an

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Portrait: Katharina Wiechers
Katharina Wiechers
- Pressestelle