Südsudan: Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums aus Rettungsfahrzeug von Ärzte ohne Grenzen entführt
Juba/Berlin, 28. Juli 2025. Ärzte ohne Grenzen verurteilt die zunehmende Gewalt gegen seine Einrichtungen und Mitarbeitenden im Südsudan. Beim jüngsten Vorfall am 25. Juli 2025 wurde ein Rettungsfahrzeug von Ärzte ohne Grenzen im Bezirk Morobo im Bundesstaat Central Equatoria gewaltsam gestoppt und eine Mitarbeiterin des südsudanesischen Gesundheitsministeriums daraus entführt. Es ist bereits der vierte schwere Sicherheitsvorfall innerhalb von sieben Monaten.
Die entführte Frau hatte Patient*innen begleitet, die zur weiterführenden Behandlung nach Yei überwiesen worden waren und nach ihrer Entlassung nach Morobo zurückkehren sollten. Während der Fahrt wurde der Krankenwagen von bewaffneten Personen gestoppt. Sie zwangen die Frau, das Fahrzeug zu verlassen und entführten sie. Dem Fahrer des Krankenwagens, weiterem Personal von Ärzte ohne Grenzen und den Patient*innen wurde erlaubt, weiterzufahren. Die entführte Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums kam zwar einen Tag später wieder frei, dennoch unterstreicht der Vorfall die zunehmende Gewalt gegenüber medizinischem Personal im Südsudan.
Was wir hier sehen, ist eine besorgniserregende und inakzeptable Entwicklung, bei der die Bereitstellung von unparteiischer medizinischer Hilfe angegriffen wird. Dieser Vorfall ist nicht nur ein Angriff auf eine einzelne Person, sondern er zielt auch auf das Gesundheitssystem, das die vulnerabelsten Menschen unterstützen soll.
Ferdinand Atte, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan
In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Angriffe auf medizinische Einrichtungen und deren Personal im Südsudan deutlich gestiegen. Aufgrund der prekären Sicherheitslage musste Ärzte ohne Grenzen bereits zwei Krankenhäuser schließen. Besonders betroffen sind die Bezirke Yei und Morobo, wo die angespannte Lage den Zugang zu medizinischer und humanitärer Versorgung massiv erschwert. Im Mai musste Ärzte ohne Grenzen die mobilen Dienste in diesen Gebieten stark reduzieren. In der Folge konnten die Teams der Organisation im Mai und Juni 2025 lediglich 3.427 Behandlungen durchführen – nur halb so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Diese Entwicklung trifft insbesondere abgelegene Gemeinden, die ohnehin kaum Zugang zu medizinischer Grundversorgung haben.
Ärzte ohne Grenzen ist seit mehr als 40 Jahren im Südsudan tätig – in Konfliktgebieten, bei Überschwemmungen und Krankheitsausbrüchen. Trotz aller Herausforderungen leistet die Organisation weiterhin medizinische Hilfe. Es kommt allerdings immer öfter vor, dass Mitarbeitende des Gesundheitswesens ihr eigenes Leben riskieren müssen, um das Leben anderer zu retten.
„Ärzte ohne Grenzen ruft alle Konfliktparteien im Südsudan dringend auf, ihrer Verantwortung zum Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur nachzukommen – dazu zählen auch medizinisches Personal, Patient*innen und Gesundheitseinrichtungen. Der sichere Zugang zu betroffenen Gemeinden muss gewährleistet sein. Medizinische Hilfe darf niemals zur Zielscheibe werden“, betont Ferdinand Atte.
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Seit Beginn des Jahres 2025 verzeichnet Ärzte ohne Grenzen im Südsudan eine Zunahme von Angriffen gegen medizinisches Personal und Gesundheitseinrichtungen:
- Im Januar 2025 wurden zwei deutlich gekennzeichnete Boote von Ärzte ohne Grenzen auf dem Weg von Nasir nach Ulang im Bundesstaat Upper Nile von unbekannten bewaffneten Personen beschossen. Die Mitarbeitenden mussten sich durch einen Sprung in den Fluss retten. Eine Person wurde verletzt.
- Am 14. April 2025 wurde das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Ulang am helllichten Tag von bewaffneten Personen überfallen. Es kam zu schweren Sachschäden, Patient*innen und Personal wurden bedroht. Der gesamte Betrieb – einschließlich aller mobilen Dienste – musste eingestellt werden. Das Krankenhaus war die einzige funktionierende Gesundheitseinrichtung in dem Bezirk. Seither sind mehr als 150.000 Menschen ohne medizinische Versorgung.
- Am 3. Mai 2025 wurde das Krankenhaus in Old Fangak im Bundesstaat Jonglei von zwei Kampfhubschraubern bombardiert. Dabei wurden die Apotheke sowie zentrale medizinische Ressourcen zerstört, die Versorgung musste eingestellt werden. Auch das umliegende Dorf wurde beschossen – mindestens sieben Menschen wurden getötet, 27 verletzt, darunter vier Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen.
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