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Libyen

Libyen: Ärzte ohne Grenzen muss das Land verlassen

Ärzte ohne Grenzen wurde in einem Schreiben des libyschen Außenministeriums aufgefordert, das Land bis zum 9. November 2025 zu verlassen. Ein Grund für die Ausweisung wurde nicht genannt. Ärzte ohne Grenzen ist besorgt über die Folgen und hofft noch auf eine positive Lösung.

„Wir bedauern diese Entscheidung des Außenministeriums zutiefst und sind besorgt über die Folgen für die Gesundheit der Menschen, denen wir helfen. Wir glauben, dass Ärzte ohne Grenzen nach wie vor eine wichtige Rolle in Libyen spielen kann, insbesondere bei der Diagnose und Behandlung von Tuberkulose, bei der Unterstützung des libyschen Gesundheitssystems, aber auch bei der Gesundheitsversorgung von Geflüchteten und Migrant*innen. Sie sind ansonsten von der Versorgung ausgeschlossen und leiden unter willkürlichen Verhaftungen sowie schwerer Gewalt“, erklärt Steve Purbrick, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Libyen.

Bereits am 27. März 2025 wurde Ärzte ohne Grenzen angewiesen, die Aktivitäten in Libyen einzustellen. Zuvor hatte die libysche Behörde für innere Sicherheit die Räumlichkeiten der Organisation geschlossen und mehrere Mitarbeitende verhört. Von dieser Welle der Repression waren auch neun weitere humanitäre Organisationen betroffen, die im Westen des Landes tätig sind.

Seitdem hat Ärzte ohne Grenzen wiederholt seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, wieder medizinische Hilfe in Libyen leisten zu können und steht weiterhin in Kontakt mit den Behörden.

„Es wurde kein Grund für unsere Ausweisung genannt, und der Ablauf bleibt unklar. Die Registrierung von Ärzte ohne Grenzen bei den zuständigen Behörden des Landes ist weiterhin gültig, daher hoffen wir, eine positive Lösung für diese Situation finden zu können“, so Purbrick.

Vor dem Hintergrund zunehmender Behinderungen der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen, drastischer Kürzungen internationaler Hilfsgelder und der Verschärfung der europäischen Grenzpolitik in Zusammenarbeit mit den libyschen Behörden gibt es derzeit keine internationalen Nichtregierungsorganisationen mehr, die Geflüchtete und Migrant*innen im Westen Libyens medizinisch versorgen.

In Zusammenarbeit mit den libyschen Gesundheitsbehörden hatte Ärzte ohne Grenzen im Jahr 2024 über 15.000 medizinische, 3.000 psychologische und 2.000 Tuberkulose-Konsultationen durchgeführt. Teams der Organisation waren daran beteiligt, besonders schutzbedürftige ausländische Patient*innen zu identifizieren, zu begleiten und über einen humanitären Korridor aus Libyen nach Italien zu evakuieren. Seit 2024 haben 76 ehemalige Patient*innen von diesem Programm profitiert, weitere 63 sollten bis Ende des Jahres folgen. Im Jahr 2023 leistete Ärzte ohne Grenzen auch medizinische Nothilfe nach den Überschwemmungen in Darna.