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Bangladesch

Bangladesch: Medizinischer Bedarf der Rohingya überwältigend

Sechs Jahre nach der Vertreibung der Rohingya aus Myanmar nach Bangladesch gibt es große Lücken bei der medizinischen Versorgung der Menschen in dem größten Geflüchtetencamp der Welt. Der Bedarf ist so überwältigend, dass Ärzte ohne Grenzen gezwungen ist, in mehreren Bereichen strengere Kriterien für die Aufnahme von Patient*innen festzulegen. 

„Wir warnen seit langem, dass sich die Situation der Menschen in dem Camp verschlechtert. Ohne Änderungen in den Strategien der Geberländer und in der Politik des Aufnahmelandes werden die Menschen auch weiterhin vom Ausbruch von Infektionskrankheiten bedroht sein”, sagt Arunn Jegan, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Bangladesch. 

Die Zahl der Patient*innen, die in der Ambulanz des „Krankenhauses auf dem Hügel“ ankommen, das Ärzte ohne Grenzen 2017 inmitten der Lager errichtet hat, ist im Jahr 2022 um 50 Prozent gestiegen. Sowohl in diesem Krankenhaus als auch in der Mutter-Kind-Klinik von Ärzte ohne Grenzen in Goyalmara stieg die Zahl der pädiatrischen Einweisungen von Januar bis Juni 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ungewöhnlich stark an. 

Diese Entwicklung resultiert unter anderem aus der Schließung mehrerer Gesundheitszentren in der Region im vergangenen Jahr. In den vergangenen zwei Jahren sind die Unterstützungszusagen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen stark zurückgegangen: von rund 70 Prozent im Jahr 2021 auf 60 Prozent im Jahr 2022 und bisher rund 30 Prozent im Jahr 2023. Dies hatte auch unmittelbare Folgen für die die Lebensmittelrationen des Welternährungsprogramms. Sie wurden im März von umgerechnet 12 US-Dollar pro Person und Monat auf 10 US-Dollar und im Juni erneut auf nur noch 8 US-Dollar gekürzt. 

Seit der Vertreibung der Rohingya vor sechs Jahren behandeln Teams von Ärzte ohne Grenzen die Folgen der schwierigen Lebensbedingungen der Bewohner*innen verschiedener Camps im Distrikt Cox’s Bazar. Hierzu gehören Infektionskrankheiten, Atemwegs-, Darm- und Hautinfektionen. Im Laufe der Zeit wurde aber auch ein wachsender Bedarf für die Behandlung von Langzeitkrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Hepatitis C festgestellt, die insbesondere mit dem chronischen Mangel an medizinischer Versorgung zusammenhängen. Im vergangenen Jahr hat sich zudem die Zahl der Patient*innen mit Dengue-Fieber im Vergleich zum Vorjahr verzehnfacht. Anfang 2023 gab es darüber hinaus den höchsten wöchentlichen Anstieg von Cholera-Fällen seit 2017. 40 Prozent der in den Lagern lebenden Menschen leiden außerdem an Krätze. Auch die hohe Zahl der Fälle von Mangelernährung in mehreren Einrichtungen ist besorgniserregend. 

Obwohl die Camps zum jetzigen Zeitpunkt über bessere Straßen, mehr Latrinen und eine bessere Trinkwasserversorgung verfügen als vor sechs Jahren, leben die Menschen immer noch in überfüllten Unterkünften. Der Bau dauerhafter Strukturen ist weiterhin nicht erlaubt. Brände haben Hunderte oder Tausende von Unterkünften zerstört und stellen ein ständiges Risiko für die Sicherheit der in den Lagern lebenden Menschen dar. Da das Gebiet anfällig für Naturkatastrophen ist, werden die aus Bambus und Plastikplanen gebauten Unterkünfte häufig durch starke Winde, sintflutartige Regenfälle und Erdrutsche beschädigt und zerstört. 

„Die Geflüchtetencamps in Cox's Bazar scheinen Orte zu sein, die vom Rest der Welt weitgehend vergessen und vernachlässigt werden. Es ist nötig ist, dass die internationale Gemeinschaft, die Geber und die Vereinten Nationen mehr Verantwortung für die Rohingya übernehmen“, sagt Landeskoordinator Arunn Jegan. 

Interviews mit der deutschsprachigen Krankenschwester Fabia Casti, die gerade von einem sechsmonatigen Einsatz zurückgekehrt ist, sind möglich.

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Unser Teamleiter Media Relations Holger Vieth
Holger Vieth
- Media Relations