Vergiftung durch Schlangenbisse
Eine Vergiftung durch einen Schlangenbiss ist eine potenziell lebensbedrohliche Krankheit. Die Erkrankung wird entweder durch Toxine im Biss einer Giftschlange verursacht oder wenn Gift in die Augen gelangt. Es gibt bestimmte Schlangenarten, die zur Verteidigung Gift spucken können.
Eine verborgene Gesundheitskrise
Jedes Jahr werden bis zu 5.4 Millionen Menschen weltweit von Giftschlangen gebissen, rund 2,7 Millionen dieser Menschen erkranken an den Folgen eines Schlangenbisses. Bei bis zu 138.000 Menschen führt die Vergiftung durch den Biss zum Tod und bei weiteren 400.000 zu lebenslangen Einschränkungen (WHO).
Die Vergiftung durch Schlangenbisse gehört zu den vernachlässigten Krankheiten. Das heißt, dass in ihre Erforschung und die Entwicklung von Medikamenten und Diagnostika zu wenig investiert wird. Entsprechend begrenzt ist der Zugang zu effektiver Behandlung. Hochwertige Gegengifte, sofern sie denn existieren, kosten beispielsweise im Südsudan ein Mehrfaches des Jahresgehalts einer Landwirt*in.
Unsere medizinische Hilfe
- Wir behandeln Schlangenbisse schnellstmöglich mit geeigneten Gegengiften, sogenannten Antiveninen und zusätzlichen medizinischen Maßnahmen.
- Wir klären über Präventionsmöglichkeiten auf, die das Risiko eines Schlangenbisses im direkten Wohn- und Arbeitsumfeld der betroffenen Bevölkerungsgruppen minimieren.
- Wir setzen uns auch politisch dafür ein, dass in die Entwicklung von Antiveninen stärker investiert wird sowie für eine faire, regulierte und bezahlbare Produktion und Verteilung von Gegengiften. Mehr zu diesem Aspekt unserer Arbeit finden Sie hier.
Wissenswertes über Vergiftung durch Schlangenbisse
Welche Symptome haben Menschen, die von einer Schlange gebissen wurden?
Die Symptome einer Vergiftung durch einen Schlangenbiss variieren je nach Giftschlangenart. Auch innerhalb einer Spezies können das Alter und Geschlecht der jeweiligen Schlange, als auch die jeweilige Jahreszeit und Region die Stärke der Wirkung des Giftes beeinflussen.
Mögliche akute Symptome eines Schlangenbisses können sein:
- Bissspuren in der Haut
- Rötung, Schwellung, Bluterguss, Blutung oder Blasenbildung um die Bissstelle
- Starke Schmerzen und Empfindlichkeit an der Bissstelle
- Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall
- Schwerfällige Atmung (in extremen Fällen kann die Atmung aussetzen)
- Blutgerinnungsstörungen
- Lymphknotenschwellungen
- Schnelle Herzfrequenz, schwacher Puls, niedriger Blutdruck
- Gestörtes Sehvermögen
- Metallischer, minz- oder gummiartiger Geschmack im Mund
- Schweißausbrüche
- Taubheit oder Kribbeln im Gesicht und/oder in den Gliedmaßen
- Muskelzuckungen
Auch lange nach dem Biss können Gewebs- und Nervenschäden und Entzündungen auftreten, da beim Biss mitunter Bakterien tief in die Wunde geraten. Dies kann unter anderem Fieber oder die Bildung von Abszessen auslösen. Gewebe- und Nervenschäden können zu Missempfindungen, Mangeldurchblutung, Lähmungen und Absterben von Körperregionen führen. Im schlimmsten Fall ist eine Amputation nötig, um das Leben der betroffenen Person zu retten.
Wie wird eine Vergiftung durch einen Schlangenbiss diagnostiziert?
Die Diagnose einer Vergiftung durch einen Schlangenbiss erfolgt zunächst durch eine äußere Begutachtung der Bisswunde und der angrenzenden Körperregionen. Auch gezielte Fragen sowohl nach dem Befinden der Person als auch nach Zeit und Ort des Bisses können aufschlussreich sein.
Wichtig für die darauffolgende Behandlung ist auch, ob die jeweilige Schlangenspezies erkannt oder sogar fotografiert wurde, sodass sie einwandfreie identifiziert und das passende Gegengift gewählt werden kann.
Nach einer ersten Bestandsaufnahme können durch Blut- und Urintests eine eventuelle Gerinnungsstörung oder ein Nierenversagen bestimmt werden, die auf eine Vergiftung hinweisen.
Es besteht bei Schlangenbissen die Möglichkeit, dass es sich um einen sogenannten “trockenen” Biss handelt, also um einen Abwehrmechanismus der Schlange, bei dem kein Gift zum Einsatz kommt und dementsprechend keine schwerwiegenden Symptome entstehen. Dennoch muss die betroffene Person genau beobachtet werden, bevor eine tatsächliche Vergiftung ausgeschlossen werden kann.
Wie wird eine Vergiftung durch Schlangenbisse akut behandelt?
Zunächst sollte die gebissene Person beruhigt und daran gehindert werden, sich viel zu bewegen. Denn durch Bewegung verteilt sich das Gift im Körper.
Zudem sollte die oder der Betroffene unverzüglich (am besten auf einer Trage und in Seitenlage, um Atmung und Atemwege zu schützen) zu einer medizinischen Versorgungsstelle gebracht werden.
Es gibt nur eine einzige direkte Behandlungsmöglichkeit für eine lebensbedrohliche Vergiftung durch einen Schlangenbiss: ein Gegengift (Antivenom). Damit es effektiv wirkt, sollte das Gegengift so schnell wie möglich nach dem Biss verabreicht werden.
Zusätzlich können vorbeugend Antibiotika verabreicht werden, um Entzündungen an der Bisswunde zu verhindern. In einzelnen, weniger schwerwiegenden Fällen kann es auch helfen, die Vergiftung der Betroffenen mit intravenöser Flüssigkeit, Schmerzmitteln, Bluttransfusionen zu behandeln und die Gliedmaßen hochzulagern.
Für bestimmte Antivenine ist es wichtig, dass sie ununterbrochen kalt bleiben. Die Kühlkette darf also auch beim Transport nicht unterbrochen werden. Wenn geeignete Transportnetze, allgemeine Infrastruktur oder Verteilungssystemen fehlen, erschwert das insbesondere in ländlichen, abgelegenen Gebieten eine rechtzeitige, angemessene Behandlung.
Was ist ein Antivenom oder Gegengift?
Ein Antivenom oder Gegengift ist ein Immunserum, das die Wirkung des Schlangengiftes abschwächt oder aufhebt.
Schlangengifte sind in ihren toxischen Bestandteilen und Wirkungen sehr unterschiedlich. Infolgedessen ist ein Antivenom, das gegen das Gift einer Schlangenart oder -population hergestellt wurde, bei der Behandlung von Vergiftungen durch Schlangen anderer Arten oder sogar anderer Populationen derselben Art möglicherweise nicht wirksam.
Manche Gegengifte sind monovalent, wirken also nur gegen das Gift einer Schlangenart. Polyvalente Antivenine können hingegen gegen verschiedene Schlangengifte zum Einsatz kommen. Damit ein Gegengift möglichst effektiv wirken kann, sollte es so schnell wie möglich nach einem Biss verabreicht werden.
Welche (Spät-)Folgen kann ein Schlangenbiss für die Betroffenen haben?
Selbst wenn eine Vergiftung durch einen Schlangenbiss behandelt wird, hinterlässt sie mitunter bleibende Einschränkungen.
Dazu können gehören:
- Einschränkung der Motorik von z.B. Armen oder Beinen aufgrund von Gewebs- oder Nervenschäden
- Großflächige Veränderungen der Haut durch Gewebsschäden
Als Spätfolgen eines Bisses können schwere Gewebs- und Nervenschäden oder Entzündungen auftreten. Je nachdem, in welchem Stadium die betroffene Person medizinische Hilfe sucht, gibt es unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten. Eine bakterielle Infektion kann in der Regel mit Antibiotika behandelt werden. Bei schweren Infektionen ist mitunter auch ein chirurgischer Eingriff notwendig, um infektiöses und/oder abgestorbenes Gewebe zu entfernen. Im schlimmsten Fall kann die Amputation der betroffenen Körperpartie nötig sein, um das Leben der Patient*in zu retten.
Warum werden Schlangenbissen oft zu spät behandelt?
Viele Menschen können sich die teuren Gegengifte nicht leisten und probieren daher zunächst andere, günstigere Behandlungsmethoden.
Problematisch ist zudem, dass die abgelegenen, ländlichen Regionen, in denen Schlangenbisse vermehrt vorkommen, weit entfernt sind von den jeweiligen Gesundheitseinrichtungen. Durch die weiten Strecken, die die Menschen in vielen Fällen zu Fuß zurücklegen müssen, werden Schlangenbisse oft erst viel zu spät erkannt und die Betroffenen zu spät behandelt.
Welche Bevölkerungsgruppen sind besonders betroffen?
Vor allem Menschen, die in ländlichen Gebieten leben und arbeiten, haben ein hohes Risiko, von einer Giftschlange gebissen zu werden. Oft müssen sie sich ihre Schlafstätten mit Vieh teilen oder in ihren Häusern Futtermittel lagern, was Schlangen anlockt.
Zu den Hochrisikogruppen gehören außerdem in der Landwirtschaft arbeitende Kinder und Menschen mit eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung.
Tödliche Verläufe treten am häufigsten bei jungen Menschen, insbesondere Kindern, auf, da hier mehr Toxin auf weniger Körpermasse trifft und damit die Wirkung des Gifts deutlich stärker ist. Zudem sind die Abwehrmechanismen bei Kindern in der Regel noch nicht so entwickelt wie bei Erwachsenen und sie reagieren unter Umständen anders. Besonders gefährdet sind außerdem schwangere Frauen: Bei ihnen können Schlangengifte die Funktion der Plazenta einschränken und verstärkte Blutungen hervorrufen.
Wo gibt es die meisten Vergiftungen durch Schlangenbisse?
Die meisten Fälle von Schlangenbissen treten in tropischen und subtropischen Regionen auf. Allein in Indien gibt es 46.000 Todesfälle durch Schlangenbisse; auch in Afrika südlich der Sahara, im tropischen Asien, in Neuguinea sowie in Mittel- und Südamerika gehören Schlangenbisse zur Tagesordnung.
Die Tatsache, dass Vergiftungen durch Schlangenbisse eine armutsassoziierte Krankheit sind, wird durch Statistiken aus Australasien unterstrichen: Obwohl Australien für seine Vielfalt an hochgiftigen Organismen bekannt ist, sterben auf diesem Kontinent im Durchschnitt nur zwei Menschen pro Jahr an einem Schlangenbiss. Im nahegelegenen Papua-Neuguinea hingegen fordert eine fast identische Schlangenfauna jedes Jahr mehr als 1.000 Todesopfer. Dies ist weitgehend auf die unterschiedlichen medizinischen Versorgungslagen, Infrastrukturen und sozio-ökonomischen Bedingungen der beiden Länder zurückzuführen.
Warum gibt es so wenige Gegengifte?
Vergiftung durch Schlangenbisse betrifft mehrheitlich Menschen in ärmeren Ländern - für Hersteller kein lukrativer Absatzmarkt. Hinzu kommt, dass die Datenlage hinsichtlich des Bedarfs schwierig ist:
Aufgrund mangelnder Infrastruktur gibt es in vielen Regionen nur wenige belastbare Statistiken zu der genauen Häufigkeit von Schlangenbissen. Das Ausmaß des Problems und somit auch der genaue Bedarf an Gegengiften kann daher nur schwer beurteilt werden. Viele Fälle werden auch aus kulturellen oder sozio-ökonomischen Gründen erst gar nicht gemeldet oder beispielsweise mit anderen, eher traditionellen Methoden behandelt, die allerdings wenig effektiv oder sogar schädlich sind. Dies führt zu einer weiteren Verzerrung der Datenlage. Somit ist es in verschiedenen Ländern nur schwer möglich, die Menge an benötigtem Gegengift zu bestimmen.
Die Folge: Nationale Gesundheitsministerien geben daher oft zu wenig Gegengift in Auftrag, Hersteller wenden sich vom Markt ab oder stellen die Produktion ganz ein: 2015 betraf das etwa die Produktion von Fav-Afrique, einem Präparat, das gegen das Gift von zehn afrikanischen Giftschlangen wirkt.
Auch verfügen aktuell sehr wenige Länder über die notwendigen Kapazitäten, geeignete Gegengifte zu produzieren. Erschwert wird die Situation durch die Tatsache, dass nicht jedes Gift für einen Biss jeder Schlangenart anwendbar ist. Schwache oder fehlende Regularien führen außerdem zu einer Herstellung von teils ineffektiven oder fehlerhaften Gegengiften.
Durch die sinkende Produktionsrate sind gleichzeitig die Kosten für Gegengifte in den letzten 20 Jahren extrem gestiegen, was die Behandlung für viele Patient*innen unerschwinglich macht. Hohe Kosten senken dementsprechend die Nachfrage und damit wiederum den Produktionsanreiz.
Wir setzten uns daher auch politisch dafür ein, dass in die Entwicklung von Gegengiften stärker investiert wird und diese allen Menschen, die sie benötigen, zur Verfügung stehen. Mehr zu unserer Arbeit in diesem Bereich finden Sie hier.
Kann man Schlangenbissen vorbeugen?
Oft ist das Barfußlaufen eine Hauptursache von Schlangenbissen (bis zu 80 Prozent aller Bisse finden an den Beinen oder Füßen bzw. unterhalb des Knies statt). Daher ist es sehr wichtig, dass Menschen darüber aufgeklärt werden, wie wichtig das Tragen von Schuhen ist, um sich vor Bissen zu schützen. Gleichzeitig ist es elementar, dass Menschen an günstiges und schützendes Schuhwerk gelangen können. Hilfreich ist außerdem, Gräser regelmäßig zu mähen und bei nicht verwendeten Materialen oder Abfall darauf zu achten, dass sie geordnet und gesichert gelagert werden, damit sich keine Haufen bilden, in denen sich Schlangen typischerweise verstecken.
Auch eine ausreichende Beleuchtung, mit einer Taschenlampe beispielsweise, kann verhindern, dass eine Person im Dunkeln aus Versehen auf eine Schlange tritt und somit einen Biss riskiert.
Zusätzlich ist es ratsam, Häuser weitestgehend abzudichten und auf leicht erhöhten Flächen zu schlafen. Auch die Verwendung von Moskitonetzen kann vor Schlangenbissen schützen.