Die Situation in den Palästinensischen Gebieten
Die palästinensischen Gebiete befinden sich im Krisenzustand. Im Gazastreifen erleben wir eine menschengemachte Katastrophe: Hungersnot, gezielte Angriffe auf Zivilist*innen und medizinische Infrastruktur, Blockade und Instrumentalisierung von Hilfe. Die israelische Regierung verübt dort vor den Augen der Welt einen Genozid. Im Westjordanland sind der Zugang zu Gesundheitsversorgung für die Menschen und unsere Arbeit aufgrund der Angriffe durch das israelische Militär und die sich ausweitende Siedler*innen-Gewalt zunehmend eingeschränkt.
Unsere Teams sind in beiden Gebieten im Einsatz. Wir tun, was wir können, um zu helfen und Leben zu retten. Jedoch können Mediziner*innen keinen Genozid stoppen - dafür braucht es Regierungen.
So helfen wir
Ärzte ohne Grenzen ist seit 1989 in den Palästinensischen Gebieten aktiv. Aktuell sind wir im Gazastreifen mit mehr als 1.100 Mitarbeiter*innen und im Westjordanland mit mehr als 170 Mitarbeiter*innen im Einsatz.
Seit Beginn des Krieges 2023 nach dem brutalen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober haben wir:
Gaza: Eine menschengemachte Katastrophe
Die extreme Not und Gewalt im Gazastreifen lässt sich kaum noch in Worte fassen. Mehr als 62.000 Menschen wurden seit Beginn des Krieges getötet, mehr als 158.000 verletzt (OCHA, 28.08.2025).
Wir sind Zeug*innen eines Genozids
All dies lässt für uns keine andere Schlussfolgerung zu, als dass die israelische Regierung die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen vorsätzlich auszulöschen versucht. Wir als Ärzte ohne Grenzen können keinen Genozid stoppen - dazu braucht es Regierungen, die entsprechend handeln. Aber wir können sie dazu aufrufen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun.
Auch die deutsche Bundesregierung muss alle ihr zur Verfügung stehenden diplomatischen, politischen und wirtschaftlichen Mittel nutzen, um die israelische Regierung zum Einlenken zu bewegen.

Aufruf mit Forderungen an die Bundesregierung unterschreiben!
Gemeinsam können wir den öffentlichen Druck verstärken.
Häufig gestellte Fragen
Die Mengen an Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern, die derzeit in den Gazastreifen gelangen, reichen bei Weitem nicht aus, um den enormen Bedarf an Lebensmitteln, Treibstoff und medizinischer Versorgung zu decken. Grund dafür ist die weitgehendende Blockade der israelischen Regierung. Die drastische Knappheit an Gütern im Gazastreifen ist das Resultat politischer Entscheidungen: Außerhalb der Grenzübergänge warten LKW mit vielen Tonnen an Hilfsgütern darauf, von den israelischen Behörden hineingelassen zu werden. Was es jetzt sofort braucht, sind Einfuhrgenehmigungen für Güter in großem Umfang, schnellere Abfertigungsverfahren und eine sichere und koordinierte Abholung und Auslieferung. All dies sicherzustellen, liegt in der Verantwortung der israelischen Regierung. Als Besatzungsmacht im Gazastreifen und im Westjordanland ist die israelische Regierung derzeit der einzige Akteur, der gewährleisten kann, dass Hilfe im ausreichenden Umfang die Menschen in Gaza erreicht.
Ja, laut der Integrated Food Security Phase Classification (IPC), dem globalen Standard-Instrument zur Einstufung von Ernährungssicherheit, wurde die Schwelle zur Hungersnot in Teilen des Gazastreifens, darunter Gaza-Stadt, inzwischen überschritten. Auch im restlichen Gazastreifen leiden die Menschen unter großer Nahrungsmittelknappheit. Seit Mitte Juni beobachten wir in unseren Gesundheitseinrichtungen dort einen stetigen und signifikanten Anstieg der Zahl mangelernährter Patient*innen. Erhebungen in unseren Einrichtungen haben gezeigt: 25% der Kinder und Schwangeren in unseren Projekten sind mangelernährt. Auch unsere eigenen Mitarbeitenden sind von Nahrungsmittelknappheit betroffen. Mangelernährung beeinträchtigt die Fähigkeit der Menschen, sich von schweren Verletzungen oder anderen Erkrankungen zu erholen. Diese katastrophale Situation ist komplett menschengemacht – und kann durch entsprechende politische Entscheidungen beendet werden.
Die sogenannte Gaza Humanitarian Foundation (GHF) ist ein Instrument, mit dem verschleiert werden soll, dass Hunger im Gazastreifen als Waffe gegen die palästinensische Bevölkerung eingesetzt wird. Die Arbeit der GHF hat nichts mit unabhängiger humanitärer Hilfe zu tun, sondern stellt einen zynischen Missbrauch von Hilfe für politische und militärische Zwecke dar. Das System der GHF-Verteilstellen ist erniedrigend und endet oft tödlich für die Menschen, die dort um Essen kämpfen müssen. Nirgends in der Welt, wo Ärzte ohne Grenzen arbeitet – auch nicht in den volatilsten Konfliktgebieten – würde ein solches Ausmaß an Gewalt im Zusammenhang mit Hilfslieferungen toleriert. Deshalb fordern wir: Die Arbeit der GHF muss sofort beendet werden. Staaten und private Geldgeber*innen müssen jegliche Unterstützung für diesen Mechanismus beenden, insbesondere die USA. Das UN-Hilfssystem muss wieder eingeführt und Hilfslieferung in großem Umfang müssen von den israelischen Behörden zugelassen werden, um das Töten und Hungern zu beenden.
Wir verwenden diesen Begriff nicht leichtfertig. Was unsere Teams im Gazastreifen seit Oktober 2023 sehen und erleben, lässt für uns jedoch keine andere Schlussfolgerung mehr zu, als dass die palästinensische Bevölkerung dort vorsätzlich vernichtet werden soll. Wir sehen: gezielte Angriffe der israelischen Armee auf Zivilist*innen, ziviles Leben (Schutzunterkünfte, Schulen) und zivile Infrastruktur (Wasseraufbereitungsanlagen, Nahrungsmittelproduktion) im Gazastreifen; die fast vollständige Zerstörung der medizinischen Infrastruktur; die politisch gewollte Blockade dringend benötigter Hilfsgüter, insbesondere von Nahrungsmitteln, Mitteln zur Wasseraufbereitung und medizinischen Gütern; die gewaltsame Vertreibung und damit Umsiedlung der Menschen durch sogenannte Evakuierungsbefehle; und die Instrumentalisierung von humanitärer Hilfe für militärische und politische Zwecke. All diese Maßnahmen entziehen den Palästinenser*innen in Gaza systematisch die Lebensgrundlagen und greifen sie gezielt an. Wir halten es für unsere moralische und humanitäre Pflicht, das klar zu benennen. Deshalb sprechen wir von Genozid.
Wir waren im Oktober 2023 zutiefst erschüttert über die Gewalt und die Massaker der Hamas und haben die Angriffe auf Israel und die Geiselnahmen verurteilt – wir tun dies bis heute. Wir haben zudem alle Konfliktparteien, einschließlich der Hamas, wiederholt aufgefordert, den Schutzstatus medizinischer Einrichtungen zu respektieren, eine ausreichende Versorgung der Menschen mit humanitärer Hilfe sicherzustellen und auf einen Waffenstillstand hinzuarbeiten. Wir fordern weiterhin einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand von allen Konfliktparteien. Als medizinische Hilfsorganisation haben wie es uns zur Aufgabe gemacht, über das zu berichten, was wir in den Gebieten, in denen wir tätig sind, direkt beobachten. Ärzte ohne Grenzen selbst hat nie beobachtet oder bestätigen können, dass die Hamas militärische Aktionen in Krankenhäusern durchgeführt hat. Hätten wir Beweise dafür gehabt, hätten wir aus Gründen der Sicherheit unserer Patient*innen und Mitarbeitenden unsere Präsenz in diesen Einrichtungen nicht aufrechterhalten können und dies unmissverständlich angeprangert.
Wir waren im Oktober 2023 zutiefst erschüttert über die Massaker der Hamas und haben die Geiselnahmen verurteilt – wir tun dies bis heute. Wie haben wiederholt unsere Besorgnis um das Leben der Geiseln und unser Mitgefühl für ihre Familien zum Ausdruck gebracht. Wir sind entsetzt über Berichte zum schlechten Gesundheitszustand der Geiseln und hoffen, dass sie möglichst schnell zu ihren Familien zurückkehren können. Auch deshalb fordern wir einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand. Wir fordern grundsätzlich die Freilassung aller Personen, die unrechtmäßig und unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten werden. Diese Forderung gilt sowohl und ausdrücklich für die Menschen, die von der Hamas seit dem 7. Oktober 2023 im Gazastreifen festgehalten werden, als auch für Palästinenser*innen, die derzeit ohne Anklage oder ein faires Verfahren in israelischen Gefängnissen inhaftiert sind. Selbstverständlich würden wir die israelischen Geiseln medizinisch versorgen, so wir das könnten. Wir haben jedoch keinen Zugang zu ihnen. Wir behandeln alle Menschen ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer Nationalität. Dieses Prinzip leitet unsere Arbeit überall dort, wo wir tätig sind.
Westjordanland: Wachsendes Risiko ethnischer Säuberungen
Seit Beginn des Krieges hat die brutale Gewalt auch hier zugenommen: Mehr als 990 Palästinenser*innen wurden seit Oktober 2023 im Westjordanland getötet und mehr als 10.000 verletzt. Tausende Menschen wurden durch Militäroperationen der israelischen Armee, Zwangsräumungen, Zerstörung ihrer Häuser und eskalierende Gewalt von Seiten israelischer Siedler*innen aus ihrem Zuhause vertrieben. Seit Anfang 2025 wurden unsere Teams immer wieder Zeug*innen von Maßnahmen und Praktiken, die offensichtlich darauf abzielen, die palästinensische Bevölkerung dauerhaft zu verdrängen und jede Möglichkeit einer Rückkehr zu verhindern. Um auf die steigenden humanitären Bedarfe zu antworten, setzen wir unter anderem mobile medizinische Teams an 19 Standorten in Tulkarem und Dschenin ein, einschließlich in Einrichtungen des Gesundheitsministeriums, und liefern wichtige Hilfsgüter an vertriebene Palästinenser*innen.
Im Westjordanland leben mehr als 2,9 Millionen Palästinenser*innen in elf Bezirken. Zusätzlich leben dort sowie im nahe gelegenen Ostjerusalem etwa 730.000 israelische Siedler*innen. An den Bezirksgrenzen gibt es israelische Kontrollpunkte und Straßensperren, wodurch Städte und Dörfer seit langem voneinander abgeschnitten sind. Zudem unterliegen wichtige Bereiche der Grundversorgung israelischer Kontrolle und werden teilweise stark eingeschränkt, wie etwa die Trinkwasserversorgung in Hebron, die seit Mai 2025 durch ein israelisches Wasserunternehmen um mehr als 50% reduziert worden ist. Auch Krankenwägen und medizinische Einrichtungen werden blockiert oder angegriffen.
Unser Zugang zu den betroffenen Gemeinden ist stark eingeschränkt. Die Auswirkungen auf die Lebensrealität der Palästinenser*innen ist enorm: Viele leben in Vertriebenencamps, die jedoch auch keinen dauerhaften Schutz und Herberge bieten. Die Menschen werden immer wieder daran gehindert, zur Ärzt*in, zu Lebensmittelmärkten, zur Schule oder zur Arbeit zu gehen oder Freunde und Familie zu besuchen. Auch fehlt es an Treibstoff und anderen wichtigen Gütern. Die Lebensgrundlage der Palästinenser*innen im Westjordanland wird dadurch immer prekärer.

So können Sie helfen
Wir bieten Ihnen vielseitige Möglichkeiten, unsere humanitäre Arbeit zu unterstützen.
Zuletzt aktualisiert am 16. September 2025