Berlin, 15. September 2025. Die Fortschritte bei der Eindämmung von AIDS, Tuberkulose und Malaria könnten weltweit empfindlich zurückgeworfen werden. Dem wichtigsten Finanzierungsinstrument gegen die drei großen Infektionskrankheiten fehlen aufgrund von Kürzungen schon jetzt mehrere Milliarden US-Dollar – und die Finanzierungslücke droht sich weiter zu vergrößern.
Der in Genf ansässige Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria finanziert in über hundert Ländern Programme zur Behandlung und Prävention der drei weit verbreiteten Infektionskrankheiten. Weil die US-Regierung im Januar alle internationalen Hilfsleistungen ausgesetzt beziehungsweise auf den Prüfstand gestellt hat, fehlen dem Globalen Fonds noch fast drei der von den USA für den Zeitraum von 2023 bis 2025 zugesagten sechs Milliarden US-Dollar.
Gleichzeitig sind drastische Kürzungen für den nächsten Finanzierungszeitraum (2026 bis 2028) absehbar. Spätestens im November 2025 sollen die Geberländer ihre Beiträge beschließen. Die USA haben bisher noch keine Zusagen gemacht, andere wichtige Geber wie Deutschland planen, ihre Beiträge stark zu senken. Laut aktueller Vorlage des Bundesfinanzministeriums wird der deutsche Beitrag voraussichtlich um ein Drittel im Vergleich zum vorherigen Finanzierungszeitraum gekürzt: von 1,3 Milliarden auf 850 Millionen Euro. Der Globale Fonds schätzt, dass allein die geplante Reduktion des deutschen Beitrags um insgesamt €450 Mio. zu rund 650.000 zusätzlichen Todesfällen und bis zu 12 Millionen neuen, vermeidbaren Fällen von HIV, Tuberkulose oder Malaria führen könnte.
Der Globale Fonds spielt eine wesentliche Rolle bei der Unterstützung fragiler Gesundheitssysteme insbesondere in Afrika, Asien und Lateinamerika, aber auch darüber hinaus. Er finanziert Präventionsprogramme, Gesundheitspersonal, Arzneimittel und diagnostische Verfahren. Ohne substanzielle Zusagen in den kommenden Wochen stehen die mühsam erzielten Fortschritte von Jahrzehnten auf dem Spiel.
Als Organisation, die jährlich Tausende HIV- und Tuberkulose-Patient*innen behandelt und Millionen Menschen in Malariagebieten versorgt, ist Ärzte ohne Grenzen angesichts der finanziellen Schwächung des Globalen Fonds sehr besorgt. Zwar erhält Ärzte ohne Grenzen keine Gelder aus dem Fonds, befürchtet aber, dass hunderte lokale und regionale Gesundheitsorganisationen ihre Arbeit aufgeben oder stark einschränken müssen.
Die Auswirkungen sind schon jetzt zu beobachten. In Honduras haben die abrupten Kürzungen beim Hilfsprogramm PEPFAR die Präventions- und Versorgungsprogramme für HIV-Patient*innen zum Erliegen gebracht. Quasi über Nacht hatten sie keinen Zugang mehr zu Präexpositionsprophylaxen. Und Gesundheitsfachkräfte standen plötzlich ohne Arbeitsplatz da.
Antonio Flores, Berater für HIV/TB bei Ärzte ohne Grenzen
Auch in anderen Ländern beobachten Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen bereits die Folgen der wegbrechenden Finanzmittel. So musste in Belarus ein von Ärzte ohne Grenzen und dem Globalen Fonds unterstütztes Forschungsprogramm zu medikamentenresistenter Tuberkulose eingestellt werden. In der Zentralafrikanischen Republik, im Südsudan und der DR Kongo sind schon jetzt Engpässe bei wichtigen Diagnosetests für Malaria, Medikamenten und medizinischem Personal zu verzeichnen – teils mit tödlichen Folgen für die Menschen.
Während HIV immer noch schätzungsweise 1,3 Millionen Neuinfektionen und mehr als 600.000 Todesfälle pro Jahr verursacht, fordert Tuberkulose jährlich rund 1,5 Millionen Menschenleben. Malaria wiederum ist weiterhin in vielen Ländern die häufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren und fordert weltweit insgesamt mehr als 600.000 Todesfälle pro Jahr.
Aus Sicht von Ärzte ohne Grenzen lassen sich die Mittelkürzungen beim Globalen Fonds in den meisten Regionen nicht durch Mobilisierung inländischer Ressourcen auffangen. Vielmehr werden die Kosten für Patient*innen steigen. Viele werden sich keine medizinische Versorgung leisten können. Das legt auch der kürzlich von Ärzte ohne Grenzen herausgegebene Bericht Deadly Gaps dar. Angesichts der folgenreichen Kürzungen durch wichtige Geber, ist es umso dringender, dass die deutsche Bundesregierung ihre Unterstützung für den Globalen Fonds aufrechterhält.
Für weitere Auskünfte sprechen Sie uns an
