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Ärzte ohne Grenzen: EU-Gesetzesentwurf zu Zwangslizenzen muss auch Zugang zu Medizinprodukten berücksichtigen

Zum Gesetzentwurf der Europäischen Union (EU) zur Handhabung von Zwangslizenzen für medizinische Produkte sagt Dimitri Eynikel, Berater für EU-Politik der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen:  

Ärzte ohne Grenzen fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, das Exportverbot aus dem Vorschlag der Union für Zwangslizenzen zu streichen. Stattdessen sollte der Vorschlag mit dem TRIPS-Abkommen der WTO in Einklang gebracht werden, welches gemäß Artikel 31(f) den Export erlaubt. Dies wurde bereits vom Handelsausschuss des Europäischen Parlaments vorgeschlagen.  

Die Lehren aus Covid-19 unterstreichen die Notwendigkeit einer gemeinsamen, gerechten und grenzüberschreitenden Reaktion auf große Gesundheitskrisen. Der Zugang zu medizinischen Hilfsmitteln muss für alle und überall gewährleistet, wie die EU bei der Ausfuhr von Covid19-Impfstoffen außerhalb der EU während der Pandemie erkannt hat. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Ausfuhrverbot würde die wirksame Reaktion der EU auf globale Notfälle behindern, Krisen möglicherweise verlängern und die globale Ungleichheit fördern. 

Wir fordern daher das Europäische Parlament und den Rat nachdrücklich auf, das Exportverbot im Vorschlag aufzuheben. Die Ausfuhr sollte flexibel ermöglicht werden, und könnte den Zugang zu medizinischen Produkten für Menschen in Ländern, die nur über begrenzte oder gar keine Produktionskapazitäten verfügen, erheblich verbessern.  

Mit dem aktuellen Gesetzestext zu Zwangslizenzen wird die EU besser auf künftige gesundheitliche Notfälle vorbereitet sein. Wenn die EU jedoch hofft, regionale und globale Gesundheitskrisen besser bewältigen zu können, muss sie das Ausfuhrverbot aufheben, um sicherzustellen, dass sich die globalen Ungleichheiten, die während der Covid-19-Pandemie zu beobachten waren, nicht wiederholen. Damals standen bestimmte Länder und einige der weltweit am stärksten gefährdeten Menschen beim Zugang zu Impfstoffen, Tests und Behandlungen ganz hinten in der Warteschlange." 

Zwangslizenzen sind eine wichtige Schutzmaßnahme für die öffentliche Gesundheit, die unter anderem im Krisenfall eine breitere Produktion und den Zugang zu bezahlbareren medizinischen Produkten ermöglichen. Der aktuelle EU-Gesetzentwurf enthält jedoch einen Passus, der die Nützlichkeit des Instruments stark einschränkt. Laut aktuellem Text ist die Ausfuhr von Produkten, die im Rahmen der Zwangslizenz hergestellt werden, verboten und ihre Lieferung und Verwendung nur innerhalb der EU-Länder erlaubt. Damit widerspricht die EU ihrer eigenen Position innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO). Außerdem verstößt diese Regelung gegen die in Artikel 31(f) des TRIPS-Abkommens der WTO verankerte Flexibilität, die es erlaubt, einen nicht dominierenden Teil der unter einer Zwangslizenz hergestellten Produkte in andere Länder zu exportieren. Der Entwurf wird derzeit vom Europäischen Parlament und bald auch vom Europäischen Rat geprüft. 

Für weitere Auskünfte sprechen Sie uns an

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Portrait: Katharina Wiechers
Katharina Wiechers
- Pressestelle