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D.R. Kongo: Ärzte ohne Grenzen behandelt täglich durchschnittlich 48 neue Überlebende sexualisierter Gewalt in Nord-Kivu

Goma/Berlin, 11. Mai 2023. Innerhalb von nur zwei Wochen haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen in den Vertriebenencamps rund um Goma, der Provinzhauptstadt in Nord-Kivu, 674 Überlebende sexualisierter Gewalt behandelt. Pro Tag sind es durchschnittlich 48 neue Patient*innen in den Kliniken der Organisation.  

„Fast 60 Prozent der Überlebenden melden sich innerhalb von 72 Stunden nach dem Übergriff bei uns, was zeigt, dass es sich um eine anhaltende medizinische und humanitäre Notlage handelt“, sagt Jason Rizzo, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Nord-Kivu. „Seit Monaten behandeln unsere Teams eine hohe Anzahl Patientinnen, doch das Ausmaß der vergangenen Wochen ist katastrophal. Täglich sind es durchschnittlich 48 neue Überlebende von sexualisierter Gewalt.”  

Bewaffnete Zusammenstöße zwischen der kongolesischen Armee, der M23-Bewegung und den zahlreichen bewaffneten Gruppen in Nord-Kivu, haben seit März 2022 mehr als eine Million Menschen zur Flucht gezwungen. Mehr als 600.000 Menschen haben in überfüllten Camps am Rande der Stadt Goma Zuflucht gefunden und leben dort unter schlechten hygienischen Bedingungen.  

Fast alle von Ärzte ohne Grenzen behandelten Überlebenden sind Frauen. Die meisten von ihnen berichten, dass sie angegriffen wurden, während sie außerhalb der Camps auf der Suche nach Feuerholz und Nahrungsmitteln waren. In Rusayo, Bulengo und Kanyaruchinya berichteten mehr als die Hälfte der Überlebenden, von bewaffneten Männern angegriffen worden zu sein.  

Zwischen dem 17. und 30. April 2023 behandelten die Teams von Ärzte ohne Grenzen 674 Überlebende sexualisierter Gewalt. 360 davon allein in Rusayo, einem der neuesten und am dichtesten besiedelten Camps westlich von Goma.  

Die Lebensbedingungen in den Vertriebenencamps rund um Goma sind katastrophal. Den dort lebenden Menschen fehlt es an allem: Nahrung, Latrinen, Wasser, Unterkünften und Schutz vor gewalttätigen Übergriffen. Die nach wie vor unzureichende humanitäre Hilfe erhöht die Verwundbarkeit der Vertriebenen und das Risiko, Opfer von Gewalt zu werden. 

„Laut Angaben der Vereinten Nationen sind bislang für das Jahr 2023 nur knapp 50 Prozent der nötigen humanitären Gelder für die DR Kongo gedeckt”, sagt die Leiterin der politischen Abteilung von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, Sarah Meschenmoser. „Das heißt, dass die deutsche Bundesregierung jetzt schnell ihrem Koalitionsversprechen nachkommen muss, mit Blick auf ‘vergessene Krisen’ Mittel für humanitäre Hilfe nach den Bedarfen zu steigern.”

Ärzte ohne Grenzen bietet Überlebenden sexualisierter Gewalt in den Vertriebenencamps um Goma eine kostenlose und vertrauliche medizinische sowie psychologische Betreuung an. Es ist wichtig, dass die Überlebenden innerhalb von 72 Stunden nach dem Vorfall für eine medizinische Versorgung in eine Gesundheitseinrichtung gehen. Nur so können medizinische Komplikationen aufgrund von sexualisierten Übergriffen vermieden werden. 

Seit Mai 2022 arbeiten die Teams von Ärzte ohne Grenzen in den Vertriebenencamps rund um Goma. Sie bieten eine kostenlose medizinische Versorgung an, stellen sauberes Wasser zur Verfügung und bauen Latrinen und Duschen. Ärzte ohne Grenzen reagierte auch auf Cholera- sowie Masernepidemien und führte Impfkampagnen durch. 

Hier finden Sie weitere Informationen zu unserer Arbeit im Bereich sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt.