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Rohingya auf der Flucht

Die Verfolgung der Rohingya hat eine der größten humanitären Krisen unserer Zeit ausgelöst, die weltweit mehr Aufmerksamkeit erfordert.

Die Volksgruppe der Rohingya ist eine ethnische Minderheit in Myanmar. Vor 40 Jahren entzog ihnen Myanmar die Staatsbürgerschaft und damit ihre Grundrechte und jeglichen Schutz. Es folgten Jahrzehnte der Gewalt, Vertreibung, Diskriminierung und Ausgrenzung.

Portrait von Felix Braunsdorf
Felix Braunsdorf, Experte für Flucht und Migration

Die Rohingya wurden gewaltsam aus ihren Gemeinschaften vertrieben, diskriminiert, vergewaltigt und gefoltert. Anstatt in einem sicheren Exil ankommen und neu anfangen zu können, ist die Mehrheit in einem Schwebezustand gefangen, in dem es kein Vor oder Zurück gibt. Sie haben oft keinen Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheit und leben ohne Perspektive auf eine bessere Zukunft in abgeschotteten Camps.

  • 2,8 Mio Menschen, die zu den Rohingya gehören, gibt es weltweit
  • 99 % leben eingeschlossen oder marginalisiert
  • 1,6 Mio Rohingya leben eingeschlossen in Camps oder Dörfern
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Der Grad der Marginalisierung variiert zwischen diesen beiden Extremen - beeinflusst u.a. von Gender, Bildungsgrad, und Ort. Frauen und besonders jugendliche Mädchen leiden stärker unter dem Eingeschlossen sein und der Marginalisierung als Männer oder Jungen.
Der Grad der Marginalisierung variiert zwischen diesen beiden Extremen - beeinflusst u.a. von Gender, Bildungsgrad, und Ort. Frauen und besonders jugendliche Mädchen leiden stärker unter dem Eingeschlossen sein und der Marginalisierung als Männer oder Jungen.
© MSF

 

Ein Leben in völliger Ungewissheit

Sie waren für den Übergang gedacht: Hütten aus Bambus und Wellblech, entlang von Straßen aus festgestampftem Lehm. Aber viele der Geflüchtetencamps gibt es mittlerweile seit Jahrzehnten, und im Hinblick auf die Zukunft gibt es für die Menschen keinerlei Gewissheit. 39 % aller Rohingya weltweit leben in umzäunten Camps in Bangladesch  und Myanmar. Das größte Camp heißt Kutupalong und befindet sich auf der bengalischen Halbinsel Cox’s Bazar in Bangladesch. Dort leben ca. 980.000 Menschen – mehr als z. B. in Frankfurt am Main. Sie sind in ihrer Bewegung eingeschränkt, dürfen das Camp nicht verlassen, nicht arbeiten – ein ordentliches Bildungssystem gibt es nicht, medizinische Versorgung nur durch humanitäre Organisationen.

Konsequenz: Ausgeliefert und abhängig

Physische Folgen

Durch ihre Staatenlosigkeit sind die Rohingya besonders vulnerabel. Sie sind häufig Erpressung, Festnahme und Gewalt ausgesetzt, insbesondere an Checkpoints oder bei Ausweiskontrollen. 

Die Lebensumstände in den Camps sind enorm schwierig, immer wieder kommt es zu Gewalt – insbesondere Frauen und Mädchen werden Zielscheibe von sexualisierter Gewalt. Darüber hinaus ist es den Rohingya nicht gestattet, die Camps zu verlassen – auch im Fall von Naturkatastrophen, wie Bränden oder Zyklonen, sowie bei bewaffneten Konflikten sind die Menschen ausgeliefert. 

Durch die beengten Lebensverhältnisse und die mangelnde Infrastruktur in den Camps breiten sich überdies Krankheiten unter der Bevölkerung schnell aus. 99 % der Rohingya haben keine legale Möglichkeit, internationale Grenzen zu überqueren. Dadurch werden Familien getrennt und sie sind gezwungen, Fluchtrouten zu nutzen, die große Gefahren für Leib und Leben bergen. 

Psychische Folgen

Die Mehrheit unserer Patient*innen berichtet von überwältigender Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Angst und Verzweiflung. Die generationsübergreifenden Traumata und die Isolation in den Camps haben besonders gravierende Folgen für die Entwicklung von Kindern. 

Die meisten Rohingya haben durch Vertreibung, Gewalt und den Verlust von Angehörigen traumatische Erfahrungen gemacht. In ihrer aktuellen, perspektivlosen Lebenssituation setzt sich das fort.

"Viele sind schon sehr, sehr lange hier. Die Frustration und Ungewissheit führen unter anderem zu Konflikten in der Familie und Gewalt im Camp. Viele sind so gestresst, dass sie ihre Emotionen nicht mehr managen können. Wir sehen außerdem Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen, Angststörungen – viele entwickeln Abhängigkeiten von schädlichen Substanzen, andere treibt es in den Suizid.” - Rozina Akter, Betreuerin für mentale Gesundheit, Cox’s Bazar, Bangladesch 

Zugang zu Gesundheitsversorgung

Die Rohingya stehen vor großen Herausforderungen, wenn es um den Zugang zu erschwinglicher und sicherer Gesundheitsversorgung in Bangladesch, Myanmar und Malaysia geht. Übersetzungsprobleme, Rassismus und die Angst vor Inhaftierung veranlassen viele Rohingya dazu, erst dann Hilfe zu suchen, wenn es gar nicht mehr anders geht oder teure Versorgung durch ungeschulte medizinische Anbieter in Anspruch zu nehmen. Unqualifizierte Behandlungen können jedoch zum Beispiel zur Ausbreitung von Infektionskrankheiten führen. Zudem erschwert dies eine rechtzeitige Notfallversorgung, was zu einer höheren Sterblichkeit führt.

Abhängigkeit von humanitärer Hilfe

Die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit macht die Rohingya zusätzlich anhängig von Hilfsleistungen. Sie haben z. B. keine Möglichkeit, sich persönlich oder beruflich weiterzuentwickeln. Ohne Rechtsstatus und die Möglichkeit arbeiten zu gehen, sind die Menschen vollständig von humanitärer Hilfe abhängig.

 

Gefährliche Fluchtrouten 

Der Film "Lost at Sea - Verloren auf See" beruht auf der wahren Geschichte von Muhib, der aus Myanmar über einen gefährlichen Seeweg floh. Zwei Wochen lang kämpfte er ums Überleben in der Andamanensee. Dabei denkt er an seine Mutter, die er zurücklassen musste.

Ein Film von Noon Films | MSF | Presence (2023)

So helfen wir den Rohingya

Unsere Teams in Bangladesch, Myanmar und Malaysia leisten Nothilfe in den Bereichen:

  • Medizinische Grundversorgung
  • Notfall- und Intensivmedizin
  • Psychologische Versorgung
  • Medizinische Versorgung und Unterstützung für Überlebende von sexualisierter Gewalt 
  • Behandlung von Mangelernährung 

Hinter dem Zaun - die Folgen staatlicher Festsetzung

Der umfassende Bericht auf englischer Sprache gibt einen Überblick über die Lage der Rohingya: Staatenlosigkeit und Vertreibung, die Konsequenzen der erlebten Gewalt, sexualisierte und Genderbasierte Gewalt, die Abhängigkeit von humanitärer Hilfe, mentale Gesundheit und Zugang zu Gesundheitsversorgung.