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Welt-Tuberkulose-Tag: 2018 – ein historischer Wendepunkt für Tuberkulose?

Temalangeni Dlamini ist Überlebende von extrem resistenter Tuberkulose. Gemeinsam mit ihrer Krankenschwester Nomathamsanqa Sibindi hat sie die Krankheit besiegt. Jetzt setzen sie sich gemeinsam für mehr Forschung, neue Medikamente und eine schonendere Behandlung ein.

Tuberkulose (TB) hat HIV/Aids als tödlichste Infektionskrankheit der Welt abgelöst. Wir stehen vor einer globalen Gesundheitskrise mit mehr als 1,6 Millionen Toten pro Jahr. Resistente Formen der Krankheit, bei denen bekannte Antibiotika oft nicht mehr wirken, nehmen rasant zu. Weltweit leiden mehr als 490.000 Menschen an einer resistenten Form von TB.

Die Geschichten der Betroffenen erinnern oft an die von Temalangeni Dlamini aus Swasiland, die jahrelang unter der qualvollen Behandlung litt. Die übliche Therapie mit einem giftigen Medikamenten-Cocktail aus verschiedenen Antibiotika ist nur in ca. 52 Prozent der Fälle wirksam und bringt heftigste Nebenwirkungen mit sich: Psychosen, dauerhafter Gehörverlust und sogar Nierenversagen sind häufig der Preis, den die Betroffenen für ihr Leben bezahlen müssen. Dazu kommen die Stigmatisierung und Angst vor der Krankheit. Dies führt nicht selten dazu, dass die Erkrankten aus ihrem sozialen Umfeld ausgeschlossen werden.

Doch weltweit haben nur fünf Prozent der Patientinnen und Patienten mit resistenter Tuberkulose Zugang zu einer effektiven Behandlung – mit verheerenden Folgen. Die Überlebenschancen sind gering. Außerdem steigt die Verbreitung der resistenten Erreger, wenn Erkrankte keine effektiven Medikamente erhalten.

Wichtige politische Schritte sind auf dem Weg

2018 bietet sich nun die historische Chance, die tödlichste Infektionskrankheit der Welt zu überwinden. Bereits im vergangenen Jahr wurden auf politischer Ebene dafür die Weichen gestellt. Jetzt ist es an der Zeit, die gemachten Versprechen umzusetzen. So hat Deutschland während seiner G20-Präsidentschaft im Sommer 2017 die Themen der Globalen Gesundheit stärker auf die Agenda gesetzt. Im Herbst trafen sich erstmals Minister aus verschiedenen Ländern in Moskau, um über ein gemeinsames Vorgehen gegen Tuberkulose zu sprechen – herausgekommen ist ein ambitionierter Plan, den es noch umzusetzen gilt. Staats- und Regierungschef weltweit müssen sich jetzt dafür einsetzen, diese Prozesse weiter voranzubringen.

In den kommenden Monaten bieten sich einige Gelegenheiten, dies zu tun: Nicht nur bei der Vollversammlung der Weltgesundheitsorganisation WHO im Mai, auch beim ersten Sondergipfel der Vereinten Nationen (UN) zu Tuberkulose im September hat auch die Bundesregierung die Chance, ihr Engagement gegen die Krankheit auszubauen.

Zum Welt-Tuberkulose-Tag 2018 fordern wir daher die deutsche Bundesregierung auf:

  • mehr Geld für die Erforschung von Medikamenten, Impfstoffen und Diagnostika für Tuberkulose bereitzustellen und TB in der Antibiotikaresistenz-Forschung zu priorisieren.  
  • die Entwicklung und Bereitstellung einer bezahlbaren und effektiven einmonatigen Behandlung, auch für resistente Formen von TB, zu unterstützen.
  • innovative Mechanismen der Forschungsförderung und offene kooperative Ansätze zur Entwicklung neuer Medikamente zu unterstützten, die allen Patienten zugänglich sind.*
  • die von TB betroffenen Länder mit finanziellen Mitteln und technischer Expertise zu unterstützen.  
  • beim UN-Sondergipfel zu TB dafür zu sorgen, dass ambitionierte Ziele und klare Maßnahmen zur Überprüfung des Fortschritts vereinbart werden.
  • die Empfehlungen aus dem Bericht des UN-Expertengremium für den Zugang zu Medikamenten umzusetzen sowie mehr Transparenz über Forschung- und Entwicklungskosten neuer Medikamente zu fordern.

Der Welt-Tuberkulose-Tag 2018 bietet auch für den neuen Gesundheitsminister Jens Spahn eine hervorragende Gelegenheit unter Beweis zu stellen, dass er die tödlichste Infektionskrankheit der Welt ernst nimmt und passende Antworten zu ihrer Überwindung bereit hat. Als ambitionierter Akteur in der globalen Gesundheit muss Deutschland seinen Beitrag dafür leisten, TB auch im Kontext von antimikrobiellen Resistenzen weltweit anzugehen und vermeidbares Leiden und Sterben von Millionen Menschen weltweit zu beenden.

Bitte helfen Sie mit und fragen Sie die deutsche Regierung und den neuen Gesundheitsminister Jens Spahn, was diese gegen die tödlichste Infektionskrankheit der Welt unternehmen. Wie das geht, erfahren Sie hier!

* Bei diesen innovativen Ansätzen wird Forschung und Entwicklung durch neue Mechanismen finanziert, die anders als bisher nicht versuchen, Forschungskosten durch hohe Absatzmengen oder Produktpreise zu decken. Nur so kann gewährleistet werden, dass notwendige Forschung auch dann stattfindet, wenn keine riesigen Unternehmensgewinne winken und die finalen Produkte für alle Menschen weltweit bezahlbar sind. Effektive Gesundheitsprodukte konnten so bereits entwickelt werden, wie zum Beispiel ein Meningitis-Impfstoff zum Preis von 0,50 US-Dollar pro Dosis sowie weitere neue, bezahlbare Behandlungen gegen vernachlässigte Krankheiten. Das sogenannte de-linkage-Konzept, welches auch von den Vereinten Nationen empfohlen wird, sollte als Grundlage für eine solche Entkopplung dienen. Es beschreibt eine Forschungsförderung, die bedarfsorientiert und evidenzbasiert ist sowie den Prinzipien der Bezahlbarkeit, Effektivität, Effizienz und Gleichheit als globale gemeinsame Verantwortung gerecht wird.