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„Die Stadt glich einem Friedhof”

Unser Krankenpfleger Isa Sadiq Bwala hat die Stadt Rann im Nordosten Nigerias nach dem verheerenden Angriff vom 14. Januar besucht. Er war vor Ort, um die medizinischen Bedürfnisse der Bevölkerung nach dem Angriff zu ermitteln. Was er dort gesehen und gehört hat, hat ihn zutiefst erschüttert.

„Was mich bei unserer Ankunft erschüttert hat, war die Stille. Normalerweise sprüht Rann vor Leben, aber gestern war es gespenstisch und still, wie auf einem Friedhof. Normalerweise laufen Kinder durch die Straßen und spielen, aber gestern standen die wenigen Kinder, die ich sah, still und verängstigt herum.

Die Stadt wurde verwüstet. Das Ausmaß der Zerstörung hat mich zutiefst erschüttert. Ein Großteil der Stadt wurden niedergebrannt. Auch gestern brannten immer noch Feuer und Rauchschwaden trieben am Himmel. Ich traf eine Frau, die gerade von der Beerdigung ihrer Mutter zurückkam, eine ältere Frau, die in ihrem brennenden Haus gestorben war. Sie verbrannte, weil sie dem Feuer nicht entkommen konnte.

Unsere Nothilfebasis, das Büro und unsere Apotheke wurden bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Übrig geblieben ist ein Haufen Asche. Als ich ankam, stand das Materialzelt noch in Flammen. Auch die Gebäude anderer humanitärer Organisationen wurden geplündert und niedergebrannt.

„Die Menschen haben zu große Angst, um in Rann zu bleiben“

Glücklicherweise sind alle unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus Rann in Sicherheit. Einige sind zusammen mit der Mehrheit der Bevölkerung von Rann nach Kamerun geflohen. Wir haben einen Mann mit einer Schusswunde versorgt. Mir wurde gesagt, dass auch andere Menschen verletzt worden sind, aber sie scheinen ebenfalls nach Kamerun geflohen zu sein. Ich sah eine lange Menschenschlange – Frauen, Kinder und Männer, allen Alters –, die sich auf den Weg nach Kamerun machte. Einige hatten Esel, aber viele trugen ihr Hab und Gut selbst. Die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sagten mir, sie hätten zu große Angst, um in Rann zu bleiben.

Es gibt sowieso nicht mehr viel, wofür sie noch bleiben könnten. Ihre Häuser sind abgebrannt und ich weiß nicht, wovon sie leben könnten. Der Markt wurde niedergebrannt und geplündert, ebenso die Lebensmittelläden. Es gibt keine Möglichkeit, Essen zu bekommen. Wer kein Essen zu Hause hat, kann keines mehr auftreiben. Ein Mitarbeiter von uns erzählte mir, dass er zuletzt am Tag des Angriffs etwas gegessen hätte. Seither hat er nichts Essbares mehr gefunden. Als ich gestern die Menschen und unsere Mitarbeitenden in Rann gesehen habe, habe ich fast geweint. Ich bin zutiefst erschüttert.“