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Haiti

Haiti: Tausende Menschen bei bewaffneten Auseinandersetzungen isoliert

Port-au-Prince/Berlin, 13. Juli 2022. Tausende Menschen sind ohne Trinkwasser, Nahrung oder medizinische Versorgung in einem isolierten Gebiet des Stadtteils Cité Soleil in Port-au-Prince eingeschlossen. Bewaffnete Gruppen kämpfen um die Kontrolle über dieses Gebiet in der haitianischen Hauptstadt. Ärzte ohne Grenzen ruft die bewaffneten Gruppen auf, den Schutz der Zivilbevölkerung zu wahren und humanitären Organisationen zu ermöglichen, auf die dringenden Bedürfnisse der Bevölkerung zu reagieren. „Unser Hauptanliegen ist es, so viele Leben wie möglich zu retten", sagt Jean-Gilbert Ndong, medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen. 

Brooklyn, ein isolierter Stadtteil von Cité Soleil mit schätzungsweise mehreren tausend Einwohner*innen, liegt in einem sumpfigen Küstengebiet nördlich eines Erdölterminals. Seit dem 8. Juli, als die Kämpfe in Cité Soleil ausbrachen, konnten die Bewohner*innen Brooklyn wegen der Auseinandersetzungen nicht mehr verlassen. Auch die Lastwagen mit Trinkwasser, auf das die Bewohner*innen angewiesen sind, konnten nicht mehr in den Stadtteil gelangen. 

„Entlang der einzigen Straße nach Brooklyn sind wir auf Leichen gestoßen, die verwest oder verbrannt sind“, berichtet Mumuza Muhindo, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Haiti. „Es könnte sich um Menschen handeln, die bei den Zusammenstößen getötet wurden, oder um Menschen, die versucht haben zu fliehen und erschossen wurden. Es ist unmöglich einzuschätzen, wie viele Menschen getötet wurden.“ 

Die Lage in Brooklyn verschlechtert sich zusehends im Angesicht der anhaltenden Kämpfe. 

„Wir appellieren an alle Kriegsparteien, Hilfsgüter nach Brooklyn zu lassen und die Zivilbevölkerung zu verschonen", sagte Muhindo. „Wir rufen die humanitäre Gemeinschaft auf, auf die dringenden Bedürfnisse der Bevölkerung in Brooklyn und anderen von den Kämpfen betroffenen Stadtteilen zu reagieren, einschließlich der Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und medizinischer Hilfe." 

Drei medizinische Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen, die in Brooklyn leben, haben die Verwundeten in einer Privatklinik behandelt, die einzige funktionierende Gesundheitseinrichtung in der Enklave. Am 10. Juli konnte Ärzte ohne Grenzen 12 Patient*innen mit dringenden medizinischen Bedürfnissen aus der Klinik in Sicherheit bringen, darunter Menschen mit Schusswunden, Schwangere und ein Kind, das dringend medizinische Hilfe brauchte. 

„Unglücklicherweise ist es ein Viertel, in dem aufgrund des Flusses ein Großteil des Mülls der Stadt abgeladen wird", sagt Muhindo. „Die Menschen haben weder Zugang zu Wasser noch zu Strom und Latrinen und eine medizinische Versorgung wird dringend benötigt. Aufgrund der momentanen Kämpfe hat sich die Situation weiter verschlechtert.“ Ärzte ohne Grenzen versucht weiterhin, Menschen aus Brooklyn zu evakuieren, die dringend medizinische Hilfe brauchen.  

Ärzte ohne Grenzen behandelt darüber hinaus auch Opfer der Gewalt in anderen Gebieten von Cité Soleil. Mitarbeitende des Notfallzentrums von Ärzte ohne Grenzen in der Region Drouillard stabilisieren Verwundete und überweisen sie in Krankenhäuser, wenn möglich. Heute eröffneten die Mitarbeitenden einen Operationssaal im Zentrum, um die chirurgische Notfallversorgung vor Ort aufzunehmen. Diese Arbeit war zum Teil aufgrund bewaffneter Zusammenstöße in unmittelbarer Nähe des Zentrums herausfordernd, da die Mitarbeitenden stundenlang in einem sicheren Raum Schutz suchen mussten. 

Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Tabarre, in das viele der Verwundeten eingeliefert werden, erhöht seine Kapazitäten für die Behandlung von Traumapatient*innen. Seit dem 8. Juli haben die Chirurgie-Teams in Tabarre täglich etwa 15 chirurgische Eingriffe durchgeführt. 

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Unsere Pressereferetin Christiane Winje
Christiane Winje
- Pressestelle