Hirnhautentzündung (Meningitis)
Die Meningitis ist eine Entzündung der Hirnhaut und ihrer Strukturen. Sie wird daher auch Hirnhautentzündung genannt. Die Hinhaut ist eine dünne Hülle aus mehreren Schichten, die das Gehirn und das Rückenmark umgibt.
Meningitis ist hoch ansteckend und verläuft oft tödlich.
Es gibt verschiedene Erreger, die eine Hirnhautentzündung auslösen können. Menschen können die Erreger in sich tragen und an andere Menschen weitergeben – ohne selbst Meningitis-Symptome zu entwickeln. Immer wieder kommt es zu Meningitis-Epidemien, vor allem in afrikanischen Ländern.
Bei einer Meningitis ist schnelles Handeln gefragt – sowohl bei der Behandlung der Hirnhautentzündung als auch bei der Eindämmung von Epidemien. Gravierende gesundheitliche Folgeschäden einer Übertragung der Erreger lassen sich vor allem durch Meningitis-Impfungen verhindern.
Wissenswertes über Meningitis
Was ist die Ursache von Meningitis?
Es gibt verschiedene Erreger für eine Hirnhautentzündung. Die Symptome einer Meningitis werden verursacht durch:
- Viren (Herpes, Windpocken, Mumps oder Masernvirus)
- Bakterien (Meningokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenza Typ b)
- Protozoen (Einzeller)
- Pilze
- Autoimmunprozesse
- bösartige Tumore
- Gifte
Meist gelangen die Meningitis-Erreger über die Schleimhäute der Atemwege in den menschlichen Körper (Tröpfcheninfektion). Mitunter erreichen die Keime das Blutgefäßsystem aber auch über Entzündungsherde wie beispielsweise eine Mittelohrentzündung. Seltener wandern sie über eine offene Verletzung wie bei einem offenen Schädelbruch ein. Sowohl bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis als auch bei der Borreliose werden die Meningitis-Erreger über Zecken übertragen.
Sind die Erreger erst einmal in den Blutkreislauf gelangt, erreichen sie auch irgendwann die Bluthirnschranke. Das ist eine Barriere zwischen dem Blutkreislauf und dem zentralen Nervensystem – sie schützt das Gehirn normalerweise vor fremden Keimen. Die Meningitis-Erreger können die Blut-Hirnschranke jedoch überwinden. Sie vermehren sich im Gehirn. In der Folge schwellen die Hirnhäute an und entzünden sich.
Die Ursachen von Meningitis-Epidemien (siehe: “Wie verbreitet ist Meningitis?”) auf dem afrikanischen Kontinent sind meist Bakterien namens Meningokokken. Expert*innen sprechen von Neisseria meningitidis. Sie unterscheiden sechs verschiedene Meningokokken-Typen: A, B, C, W135, Y und X. Der Meningokokken-Stamm A verursacht die meisten Epidemien südlich der Sahara. Betroffen von der Meningokokken-Meningitis sind vorwiegend Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
In Europa und Deutschland werden die meisten Meningitis-Fälle durch die Bakterientypen B und C ausgelöst.
Prinzipiell ist eine Hirnhautentzündung, die durch Viren ausgelöst wird, zwar häufiger, aber nicht so gefährlich wie eine bakterielle Meningitis.
Welche Symptome haben an Meningitis erkrankte Patient*innen?
Eine Meningitis führt dazu, dass die Hirnhäute, die das zentrale Nervensystem umgeben, anschwellen und sich entzünden. Die ersten Meningitis-Symptome treten ein bis vier Tage nach der Übertragung der Meningokokken und deren Übertritt durch die Blut-Hirnschranke in das Gehirn auf.
Die typischen Meningitis Symptome sind:
- Nackensteife
- Übelkeit
- Müdigkeit
- Schüttelfrost
- Erbrechen
- Lichtempfindlichkeit
- Schwindel
- heftige Kopfschmerzen
- Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma
- Lethargie
Jeder dritte Betroffene erkrankt im Verlauf an einer Sepsis, also einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung
Zehn bis 15 Prozent dieser Patient*innen wiederum erleiden eine besonders schwere Form des septischen Schocks (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom). Dieser Verlauf geht mit Einblutungen der Nebennieren einher und endet oft tödlich.
Wie wird eine Meningitis diagnostiziert?
Da die Meningitis schnell lebensgefährlich verlaufen kann, ist eine sichere und schnelle Diagnostik enorm wichtig. Nur sie kann klären, ob die Hirnhautentzündung durch Bakterien oder durch Viren ausgelöst wurde – und wie sie entsprechend behandelt werden muss.
Besteht der Verdacht auf eine bakterielle Meningitis, setzen Ärzt*innen Schnelltests ein, mit denen sie spezifische Eiweißstrukturen der Meningokokken nachweisen können. Diese sogenannten Meningokokken-Antigene gewinnen die Expert*innen aus der Rückenmarksflüssigkeit. Die Ärzt*in punktiert dafür den Wirbelkanal der Patient*in, entnimmt daraus Rückenmarksflüssigkeit und untersucht das gewonnene Nervenwasser (Lumbalpunktion). Die Nervenflüssigkeit, die das Rückenmark und das gesamte Gehirn umgibt, heißt Liquor.
Der Vorteil des Schnelltests des Liquors auf Meningokokken ist, dass das Untersuchungsergebnis den Ärzt*innen innerhalb weniger Minuten vorliegt – und sie im Falle einer bakteriellen Hirnhautentzündung umgehend mit der zielgerichteten Meningitis- Behandlung starten können. Der Schnelltest liefert jedoch nur einen ersten Hinweis auf eine bakterielle Meningitis. Für den sicheren Nachweis einer Meningokokken-Infektion müssen die verantwortlichen Ärzt*innen hingegen verschiedene Laboruntersuchungen machen lassen.
Zu diesen Tests zählen zum Beispiel:
- eine Bakterienkultur
- Blutkultur
- ein Antibiogramm aus Liquor, einem Rachenabstrich oder einer Hautbiopsie
- ein PCR-Verfahren aus Liquor
Diese Untersuchungen zum Nachweis einer Meningokokken-Infektion sind nicht nur teuer und aufwendig. Vor allem benötigen die Laboruntersuchungen viel Zeit, die Meningitis Patient*innen angesichts der lebensgefährlichen Infektion meist nicht haben.
Wie sieht die Meningitis Behandlung aus?
Um die Hirnhautentzündung in den Griff zu bekommen und eine weitere Übertragung der Meningokokken auf andere Menschen zu verhindern, müssen Ärzt*innen und das Gesundheitspersonal zum Beispiel bei einem Ausbruch mit vielen Infizierten sofort zielgerichtet handeln. Denn die Meningitis ist hoch ansteckend – und kann sich schnell ausbreiten. Zudem können sich die Meningitis-Symptome – trotz einer wirksamen Meningitis-Behandlung – bei Betroffenen innerhalb von Stunden stark verschlimmern und zum Tode führen. Selbst wenn die Patient*innen innerhalb von zwei Tagen nach Auftreten der Meningitis-Symptome behandelt werden, stirbt noch etwa jeder zehnte Betroffene.
Die klassische Meningitis-Behandlung bei einer nachgewiesenen bakteriellen Infektion besteht in einer Therapie mit Antibiotika. Je nach Gesundheitsinfrastruktur und Ressourcen stehen folgende Antibiotika zur Auswahl:
- Penicillin
- Ampicillin
- Ceftriaxon
- Chloramphenicol (Dieses Antibiotikum hat starke Nebenwirkungen, weshalb es möglichst nur noch als Reserveantibiotikum zum Einsatz kommt)
Betroffene erhalten die Medikamente als Infusion, also über die Vene direkt in den Blutkreislauf. Oft geht es den Patient*innen so schlecht, dass sie intensivmedizinisch in einer Klinik behandelt werden müssen. Haben die Familienmitglieder engen Kontakt zu den Patient*innen, erhalten sie vorbeugend Antibiotika.
Bei einer Hirnhautentzündung, die durch Viren verursacht wird, besteht die Meningitis-Behandlung in der Linderung der Beschwerden. Antibiotika wirken hier nicht.
Was sind die Folgen einer Hirnhautentzündung?
Etwa jeder zehnte Infizierte stirbt trotz wirksamer Meningitis-Behandlung. Kommt die Meningitis-Behandlung zu spät oder erfolgt sie gar nicht, kann die Zahl der Todesopfer auf jeden Zweiten ansteigen.
Zusätzlich erleiden zehn bis 20 Prozent der Überlebenden langfristige Meningitis-Folgen. Zu den typischen Meningitis-Folgen zählen:
- schwere Hirnschädigungen
- Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten
- Gehörverlust, Taubheit
- Bewegungsstörungen
- geistige Behinderung
- Epilepsie
Wie verbreitet ist Meningokokken-Meningitis?
Die Hirnhautentzündung durch Meningokokken ist weltweit verbreitet. In den meisten Ländern überleben die Patient*innen eine Hirnhautentzündung jedoch ohne größere Folgen. Denn die Infektion mit Meningitis-Erregern wird meist schnell entdeckt und sofort mit der passenden Behandlung eingedämmt.
Mehrheitlich ereignen sich Infektionen und Todesfälle durch Meningokokken jedoch während der Trockenzeit in der Sahelzone Afrikas, auch Meningitis-Gürtel genannt. Hier wird eine Hirnhautentzündung schnell lebensgefährlich. Der Meningitis-Gürtel ist ein geografischer Streifen, der sich von Osten bis Westen des Kontinents ausbreitet: von Äthiopien bis zum Senegal.
Während der Trockenzeit weht dort ein besonderer Wind, der die Schleimhäute der Menschen angreift und sie für Meningokokken durchlässiger macht: Die typischen Auslöser der bakteriellen Meningitis können so
- die Schleimhautbarriere leichter durchdringen,
- in den Blutkreislauf der Betroffenen gelangen,
- die Blut-Hirn-Schranke überwinden,
- sich schnell im Hirnwasser vermehren,
- kurzfristig wie langfristig immense Folgeschäden anrichten.
Im Meningitis-Gürtel leben etwa 400.000 Menschen. Immer wieder sind sie von Meningitis-Epidemien betroffen. Bei einer Meningitis-Epidemie kommt es zu einer rasanten Übertragung der Meningitis-Erreger von Mensch zu Mensch.
Gibt es eine Meningitis-Impfung?
Gegen einige auslösende Bakterien und Viren gibt es wirksame Schutzimpfungen. Dazu zählen zum Beispiel die Impfung gegen
- Bakterien namens Haemophilus influenza Typ b
- verschiedene Pneumokokken-Bakterien
- virale Auslöser einer Mumpsinfektion, auf die eine Meningitis folgen kann
- FSME-Virus (Auslöser der Frühsommermeningoenzephalitis)
- verschiedene Meningokokken
Welche Impfung schützt vor Meningokokken-Meningitis?
Die Meningokokken-Meningitis kann durch verschiedene Bakterienstämme ausgelöst werden. Bisher gibt es keinen Impfstoff, der gegen alle Serotypen gleichzeitig wirkt.
Impfstoff MenAfriVac gegen Meningokokken A
- ist sicher und kostengünstig
- schützt die Geimpften für zehn Jahre vor einer A-Meningokokken-Meningitis
- verhindert, dass Menschen, die sich zwar angsteckt aber noch keine Symptome haben, die Hirnhautentzündung auf andere übertragen
- ist der erste Impfstoff, der eine größere Toleranz gegenüber Temperaturschwankungen aufweist – und daher anders als herkömmliche Impfstoffe weniger auf die konsequente Einhaltung der Kühlkette angewiesen ist
- ist auch für Schwangere sicher
Kombinationsimpfstoffe gegen verschiedene Meningokokken
Es gibt bereits Kombinationsimpfstoffe, die Menschen durch eine Impfung gleichzeitig vor mehreren Serotypen schützen. Da diese kombinierten Impfstoffe gegen multiple Bakterienstämme (ACWY) jedoch bisher extrem teuer sind, eignen sie sich im Moment noch nicht für großflächige Massenimpfungen. Experten warten auf die Zulassung neuer kostengünstiger und sicherer Kombinationsimpfstoffe.
2020 wurde beispielsweise ein neuer kombinierter Impfstoff gegen die ACWY-Stämme in der EU zugelassen.
Ärzte ohne Grenzen setzt sich auch dafür ein, dass Medikamente und Impfstoffe erschwinglich werden und Forschung und Entwicklung auch in Bereichen erfolgt, die zwar weniger Gewinn versprechen, aber humanitär einen großen Unterschied machen würden. Mehr Information zu diesem Teil unserer Arbeit finden Sie hier.
Meningitis-Impfung in Deutschland
In Deutschland stehen sowohl Einfachimpfungen gegen die Serotypen B und C sowie verschiedene Mehrfachimpfstoffe gegen die vier häufigsten Meningokokken-Typen zur Auswahl. Die Kombinationsimpfstoffe gegen die Meningokokken A, C, W135 und Y sind zur Impfung ab dem ersten Lebensjahr zugelassen.
Wie kann Meningitis-Epidemien vorgebeugt werden?
Der beste Schutz vor Epidemien besteht in Massenimpfungen.
Geimpft werden seit 2010 vor allem Menschen im Alter zwischen einem und 29 Jahren – sie gelten als Risikopersonen. Kommt es dennoch zu Epidemien, werden zusätzliche Populationen geimpft, die durch ihren engen Kontakt mit Infizierten für eine Übertragung der Erreger gefährdet sind.
Zwischen 2010 und 2014 wurden im Rahmen von Massenimpfungen mehr als 150 Millionen Menschen in zehn Ländern des Meningitis-Gürtels gegen A-Meningokokken geimpft. Drei Jahre später zeigte sich bereits eine deutliche Besserung der Infektionszahlen: Gab es 2010 noch 15.000 Erkrankte im Meningitis-Gürtel, waren es 2014 nur noch 6.000 Menschen. Die Zahl der Neuerkrankungen ging um mehr als die Hälfte zurück. Das Risiko von Epidemien konnte um 60 Prozent reduziert werden.
Der Zyklus von Meningitis-Ausbrüchen durch andere Serotypen konnte jedoch bisher nicht eingedämmt werden. So führen die Bakterienstämme W, X und C beispielsweise im Meningitis-Gürtel immer wieder zu Epidemien. Jedes Jahr werden dort etwa 30.000 neue Meningitis-Fälle gemeldet.
Da die Meningitis-Epidemien in dieser Region eine große Belastung für die öffentlichen Gesundheitssysteme darstellen, arbeiten Expert*innen mit Hochdruck an sicheren und effektiven Vorsorgemaßnahmen, um neue Meningitis-Ausbrüche zu verhindern.
So fördert zum Beispiel die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 2010 eine Strategie, die die Vorbereitung von Epidemien, die Vorbeugung von erneuten Meningitis-Infektionen und die Kontrolle von Ausbrüchen umfasst. Zusätzlich zu Massenimpfungen liegen die Schwerpunkte der Vorsorge auf der Überwachung, von der Fallfeststellung bis zur Untersuchung und Laborbestätigung.