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Ost-Ghuta: Mehr als 4.000 Verletzte, 700 Tote und 15 bombardierte Gesundheitseinrichtungen

Bombenangriffe haben in der belagerten Region Ost-Ghuta zu einer Katastrophe geführt. Diese Geburtsklinik war 2017 noch voll funktionsfähig und unterstützte die Frauen in Ost-Ghuta, aber am 23. Februar wurde die Klinik getroffen und ist nun nicht mehr in Betrieb.
MSF

Nach Berichten von Ärzten aus Ost-Ghuta sind seit Beginn der schweren Angriffe auf die von Rebellen kontrollierten Gebiete östlich von Damaskus innerhalb von zehn Tagen mindestens 770 Menschen getötet und 4050 verletzt worden. Diese Zahlen beziehen sich auf die Zeit vom 18. bis 27. Februar. Dabei handelt es sich um Todesfälle bzw. Patientinnen und Patienten in 20 Gesundheitseinrichtungen in Ost-Ghuta, die von Ärzte ohne Grenzen unterstützt werden.

Die tatsächliche Zahl der in Ost-Ghuta Getöteten und Verletzten liegt höher. Das medizinische Personal der unterstützten Kliniken kann die Zahlen oft nur mit Verzögerung übermitteln. Außerdem gibt es weitere Gesundheitseinrichtungen, die nicht von Ärzte ohne Grenzen unterstützt werden, und viele Menschen, die die Gesundheitseinrichtungen gar nicht erst erreichen. Viele der Toten und Verletzten sind Frauen und Kinder. Am vergangenen Freitag etwa waren die Hälfte der Patientinnen und Patienten Frauen und Kinder. Das von uns unterstützte medizinische Personal ist völlig überlastet und am Rande seiner Kräfte.

Angriffe auf medizinische Einrichtungen

Seit Beginn der schweren Angriffe sind 15 der 20 von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Kliniken in Ost-Ghuta durch Luftangriffe oder Beschuss getroffen worden. Bei diesen Angriffen wurden drei von uns unterstützte Mediziner getötet und acht verletzt. In den vergangenen Tagen wurde eine dieser Kliniken zum dritten Mal seit dem 18. Februar getroffen. Darüber hinaus gibt es Berichte über weitere beschädigte oder zerstörte Gesundheitseinrichtungen in Ost-Ghuta, die nicht von Ärzte ohne Grenzen unterstützt werden. Eine ambulante medizinische Versorgung existiert praktisch nicht mehr, weil viele der ambulanten Einrichtungen notdürftig zur akuten Behandlung von Kriegsverwundeten verwendet werden.
Die von den Vereinten Nationen geforderte 30-tägige Waffenruhe wird weiterhin nicht umgesetzt.

Ärzte ohne Grenzen fordert von den Kriegsparteien:

•    die Bombardierung und den Beschuss sofort zu beenden oder zu unterbrechen, damit eine grundlegende medizinische Versorgung geleistet werden kann. Die vorgeschlagene – aber ebenfalls nicht umgesetzte – tägliche fünfstündige Feuerpause wird nicht ausreichen, um angesichts des Ausmaßes der Gewalt, der langen Dauer der Belagerung und der langen Zeit ohne jeglichen Hilfskonvoi genügend medizinische und humanitäre Hilfsgüter nach Ost-Ghuta zu bringen.
•    die Evakuierung von Patientinnen und Patienten in kritischem Zustand zu ermöglichen.
•    unabhängige medizinische Organisationen nach Ost-Ghuta zu lassen.
•    lebenswichtige Medikamente und medizinisches Material nach Ost-Ghuta durchzulassen, um die massiven Versorgungslücken zu schließen.
•    sicherzustellen, dass Zivilisten auf beiden Seiten der Front nicht beschossen werden – und dies nicht nur während möglicher Feuerpausen, sondern generell.

Ärzte ohne Grenzen unterstützt derzeit 20 Gesundheitseinrichtungen in Ost-Ghuta. Darunter befinden sich 10 Einrichtungen, die vollständig und regelmäßig und meist seit vielen Jahren von der Organisation unterstützt werden. Die 10 weiteren Einrichtungen kennt Ärzte ohne Grenzen gut, sie werden normalerweise durch andere Organisationen unterstützt, erhalten derzeit aber auch Notfallhilfe von Ärzte ohne Grenzen. Ärzte ohne Grenzen kann nicht mit einem eigenen Teams in Ost-Ghuta Hilfe leisten.

In ganz Syrien betreibt Ärzte ohne Grenzen fünf Gesundheitseinrichtungen und drei mobile Klinikteams im Norden des Landes und hat Partnerschaften mit fünf weiteren Einrichtungen. Aus der Ferne unterstützt Ärzte ohne Grenzen landesweit etwa 50 Gesundheitseinrichtungen in Regionen, in denen Mitarbeiter nicht direkt vor Ort sein können. Ärzte ohne Grenzen kann nicht in von der Regierung kontrollierten Gebieten arbeiten, da diese bislang den Zugang verwehrt. Die Organisation ist auch nicht in Gebieten tätig, die vom Islamischen Staat kontrolliert werden, da es von dessen Führung keine Zusicherungen im Hinblick auf Sicherheit und Unparteilichkeit gegeben hat. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, nimmt Ärzte ohne Grenzen keine staatliche Unterstützung für die Arbeit in Syrien an.