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Schulen in Südafrika: Eine Krankheit bekämpfen, so alt wie die Pharaonen

Tuberkulose (TB) ist die gefährlichste Infektionskrankheit der Welt. Südafrika steht als Beispiel für Länder, in denen sehr viele Menschen eine nicht-diagnostizierte aktive TB haben. Konkret sind es dort 150.000 Betroffene, die so andere anstecken können. [1] Doch wo setzt man an, um eine jahrhundertealte Krankheit zu bekämpfen, die bereits bei Mumien aus dem alten Ägypten nachgewiesen wurde? Der Lehrer Bhekumuzi Nzuza ist davon überzeugt, dass unser TB-Programm für Schulen nicht nur das Leben seiner Schüler*innen, sondern auch sein eigenes verändert hat. Darüber spricht er auch in unserem Beitrag.

 

Wenn bei Menschen TB-Symptome nicht erkannt, nicht untersucht und diagnostiziert werden, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass die Krankheit sich weiterverbreitet. Unerkannt und unbehandelt kann eine aktive TB so zu weiterem Leid und mehr Todesfällen führen. Wichtig ist also, den Menschen das Wissen zu vermitteln, eine mögliche Erkrankung erkennen zu können.

In der Arbeit unserer Organisation spielt Aufklärungsarbeit in vielen Projekten eine große Rolle. Wo und wie sie sinnvoll ansetzen sollte, ist dabei eine wichtige Frage. In Südafrika haben wir bereits seit 2012 gute Erfahrungen damit gemacht, an Schulen damit zu beginnen.

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Der Pädagoge für Lebensorientierung im Schulraum.
Der Pädagoge Bhekumuzi Nzuza ist einer der Lehrkräfte, die unser Schulgesundheitsprogramm engagiert betreuen.

Seit 2012 betreiben wir in den Städten Eshowe und Mbongolwane ein erfolgreiches Schulgesundheitsprogramm. Es orientiert sich an der nationalen Richtlinie des Ministeriums für Grundbildung zu HIV, sexuell übertragbaren Krankheiten und Tuberkulose. Darin heißt es: "Umfassende Sexualerziehung wird ein verpflichtendes […] Thema im Lehrplan sein. Durch geeignetes Material für Lernende und Lehrkräfte sowie durch Fortbildung, Entwicklung und Hilfestellung für die Lehrkräfte wird es unterstützt." 

 

Voller Erfolg: Ziele des UNAIDS-Programms frühzeitig erreicht

Unser Schulprogramm konzentrierte sich auf HIV und zielte darauf ab, die Zahl der HIV-Neuinfektionen zu verringern und Präventionsmethoden unter Schüler*innen zu fördern. Das Programm war erfolgreich: Mehr als 80.000 Schüler*innen haben wir erreicht, 28.551 HIV-Beratungen und -Tests gemacht. Das hat dazu beigetragen, dass im Projektgebiet die UNAIDS-90-90-90-Ziele bereits zwei Jahre vor der vereinbarten Frist erreicht werden konnte. (Die UNAIDS-90-90-90 Ziele besagen, dass zum Jahr 2020 mindestens 90 Prozent aller Menschen mit HIV diagnostiziert sein sollten, von diesen mindestens 90 Prozent antiretroviral therapiert und wiederum davon mindesten 90 Prozent erfolgreich behandelt werden sollten. [2] Das Ziel wurde global gesehen nicht erreicht und auf neue Ziele bis 2025 angepasst). Allerdings hatte unser Team den Eindruck, dass TB innerhalb des Programms deutlich zu kurz gekommen war: "Der Lehrplan, der im Rahmen des Schulunterrichts zur Lebensorientierung unterrichtet wird, enthält einige Informationen über TB. Sie sind allerdings sehr begrenzt, obwohl TB doch eine der häufigsten Todesursachen bei Menschen mit HIV ist", sagt unsere medizinische Koordinatorin in Eshowe, Liesbet Ohler. Daher beschlossen wir, den Schwerpunkt des Schulgesundheitsprogramms von HIV auf TB zu verlagern. Die HIV-Projekte wurden an das Gesundheitsministerium übergeben, das nun die Beratung und Behandlung fortführt. 

 

Gesundheitskompetenz in Schulen vermitteln

Forschungsergebnissen zeigten auch, dass die Sensibilisierung von Schulkindern für die TB-Übertragung und -Prävention dazu beiträgt, das Aufkommen der Krankheit zu verringern. 2018 haben wir daher gemeinsam mit der Organisation OneVoice Südafrika einen TB-Lehrplan für die Klassen 8 bis 12 entwickelt und den Unterricht in 22 High-Schools getestet. "Ziel war es, umfassendere TB-Informationen in den Schulen zu vermitteln […]. Wir haben 521 Schüler vor und nach der TB-Aufklärung geprüft. Erfreulicherweise stieg die Wissens-Erfolgsquote bei denjenigen, die fünf Module absolviert hatten, von 23 auf 77 Prozent", so Ohler.

 

Wissen gegen Stigmatisierung

76 High-School-Lehrer*innen sowie Lernbegleiter*innen erhielten eine Schulung zu unserem Lehrplan für TB. Zusätzlich wurde Lernenden und Lehrenden in Einzelgespräche mit sogenannten Mobilisierer*innen dazu befähigt, ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen und zu verbessern. Auch erhielten Lernende mit Führungsqualitäten eine erweiterte TB-Aufklärung, um sie in die Lage zu versetzen, ihren Mitschüler*innen und ihrer Gemeinschaft zu helfen. So konnten wir zwischen 2018 und 2021 Tausenden von Lernenden TB-Wissen vermittelt. Lernende, die den Lehrplan beibehielten, schnitten gut ab. 

"Erfreulicherweise berichteten Pädagog*innen und Lernende, dass ihre Beteiligung am Programm sie in die Lage versetzte, TB-Informationen an ihre Familien und Nachbarn weiterzugeben und so ihren Teil zur Bekämpfung der Stigmatisierung von Erkrankten in den Gemeinden beizutragen", sagte unsere Programmleiterin für TB an Schulen, Ntombi Gcwensa.

 

 

"Der Schlüssel, den Krankheiten ein Ende zu setzen, die unsere Gemeinden heimsuchen"

Bhekumuzi Nzuza ist Lehrer für Lebensorientierung an der ländlich gelegenen Phindulimi High-School außerhalb von Eshowe. Er erzählt: "Unter der älteren Generationen kursiert der Glaube, dass es auf Hexerei zurückzuführen ist, wenn man hustet und Gewicht verliert. Andere glauben, dass es daran liegt, dass die Person HIV hat. Mit anderen Worten: TB wird missverstanden und stigmatisiert. Das führt dazu, dass viele Menschen mit TB-Symptomen nicht in die Klinik gehen, um sich testen zu lassen. Und diejenigen, die eine TB-Behandlung beginnen, führen diese oft nicht zu Ende, weil sie von ihrer Familie nicht unterstützt werden."

Nzuza ist überzeugt, dass das TB-Programm in Schulen sein Leben und das seiner Schüler*innen verändert hat:

"Die Ausbildung, die ich erhalten habe, hat mich in die Lage versetzt, TB-Aufklärung innerhalb und außerhalb unserer Klassenzimmer zu betreiben. Ich konnte einem Freund mit TB-Symptomen helfen, Hilfe zu bekommen, und ich habe seine ganze Familie überzeugt, sich testen zu lassen. Jetzt erhalten sie alle eine TB-Behandlung. Mehrere unserer Lernenden sagen, dass sie mit ihren Familien und Nachbarn über TB gesprochen haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass Gesundheitserziehung der Schlüssel dafür ist, den Krankheiten ein Ende zu setzen, die unsere Gemeinden heimsuchen", sagte Nzuza.

 

1 Südafrikas erste nationale TB-Prävalenzstudie, die 2021 veröffentlicht wurde, ergab, dass es in Südafrika schätzungsweise 154.348 "vermisste" TB-Fälle gibt.

2 Die 90-90-90 Ziele sind Teil des Programms der Vereinten Nationen gegen HIV/Aids