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Tuberkulose: Johnson & Johnson muss Medikamenten-Preis senken

Berlin, 10. Oktober 2019. Das Pharmaunternehmen Johnson&Johnson (J&J) muss den Preis für das Tuberkulose-Medikament Bedaquilin senken. Mit einer weltweiten Kampagne fordert Ärzte ohne Grenzen einen Preis von einem US-Dollar je Patient pro Tag, damit mehr Menschen gegen resistente Formen der Tuberkulose (DR TB) behandelt werden können. Bedaquilin ist eines der modernsten Medikamente zur Behandlung von DR TB. J&J verlangt jedoch so hohe Preise, dass viele Menschen, die die Therapie mit Bedaquilin bräuchten, diese nicht erhalten. Dies ist auch deshalb untragbar, weil große Summen öffentlicher und gemeinnütziger Gelder in die Entwicklung von Bedaquilin geflossen sind.

Auch an Studien zur Anwendung des Medikaments hatten öffentlich finanzierte Forschungseinrichtungen, Gesundheitsministerien und nichtstaatliche Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen einen entscheidenden Anteil. Trotzdem hält in vielen Ländern allein J&J das Patent an Bedaquilin. Der niedrigste Preis, zu dem J&J das Medikament derzeit verkauft, liegt bei zwei US-Dollar pro Tag je Patient. Dies entspricht Kosten von fast 1.200 US-Dollar für die 20-monatige Behandlung, die viele Patienten benötigen. In etlichen Ländern liegt dieser Preis sogar weit höher. Die hohen Preise hindern viele besonders von TB betroffene Länder daran, ihre Behandlungsprogramme auszuweiten.

„Der Preis von Bedaquilin sollte widerspiegeln, dass die Allgemeinheit die Entwicklung dieses wichtigen Medikaments wesentlich mitfinanziert hat. Und die Bundesregierung sollte künftig sicherstellen, dass ihre öffentliche Forschungsförderung klar formulierte Bedingungen enthält, damit öffentlich Finanziertes letzten Endes auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist“, sagt Marco Alves von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen.  
Bedaquilin ist eines von lediglich drei neuen TB-Medikamenten, die in den vergangenen 50 Jahren entwickelt wurden. Bisherige Therapien von DR TB waren langwierig, schmerzhaft und oft mit schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Psychosen und Gehörverlust verbunden. Die Heilungschancen liegen bei 55 Prozent für resistente und 34 Prozent für extrem resistente TB. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Bedaquilin seit einem Jahr als Hauptbestandteil neuer, rein oral zu verabreichender, Therapien. Der Einsatz von Bedaquilin zeigt bereits Erfolge – sogar bei Patienten mit schlechteren Heilungschancen, wie Menschen mit HIV und mit extrem resistenter TB. Doch bislang wurden weniger als 12.000 Menschen mit Bedaquilin behandelt. Dabei bräuchten geschätzte 80 Prozent der 558.000 Menschen, die laut WHO jährlich eine DR TB entwickeln, das Medikament.

Die rasche Ausweitung der Behandlungen mit Bedaquilin kann nur dann erfolgen, wenn J&J den Arzneimittelstoff allgemein zugänglich macht – durch eine Preissenkung, aber auch indem es anderen Medikamentenherstellern erlaubt, generische Versionen herzustellen.

Ärzte ohne Grenzen behandelt Patienten mit TB seit rund 30 Jahren. Bis September 2018 haben die Mitarbeitenden in 14 Ländern mehr als 2.000 Menschen mit den neueren Medikamenten behandelt, 633 mit Delamanid – einem weiteren der drei TB-Medikamente, die in den vergangenen 40 Jahren entwickelt wurden –, 1.530 mit Bedaquilin und 227 mit einer Kombination aus beiden Medikamenten.