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Syrien

Zehn Jahre Krieg in Syrien – Leben in einem von Gewalt beherrschten Land

Nach zehn Jahren Krieg sind rund 13 Millionen Syrerinnen und Syrer auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Krieg hat fast die Hälfte der syrischen Bevölkerung in die Flucht getrieben: Rund 5,6 Millionen syrische Flüchtlinge leben in anderen Ländern, vor allem in der Türkei, im Libanon, Jordanien, Irak und Ägypten. Rund 6,6 Millionen Menschen sind innerhalb der Landesgrenzen geflohen – dies ist die größte Zahl Binnenvertriebener weltweit. Viele von ihnen mussten mehrfach fliehen und leben unter schwierigsten Bedingungen.

Zivile Einrichtungen in Syrien wurden im Jahr 2020 mehrfach direkt angegriffen, darunter auch medizinische Einrichtungen. Tausende Menschen sind bei den Kampfhandlungen des vergangenen Jahres gestorben, Hunderttausende wurden vertrieben. Allein eine Million Menschen mussten während der letzten Offensive in Nordwest-Syrien fliehen, die von Dezember 2019 bis März 2020 andauerte.

Die meisten Vertriebenenlager im Norden Syriens sind überfüllt. Die Menschen leben dort oft ohne Schutz vor Witterungsbedingungen und haben kaum eine Möglichkeit, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen. Die Menschen brauchen fast alles – von Wasser, Nahrung über medizinische Hilfe bis hin zu Zeltplanen, Decken oder Kanistern.

Im Nordosten Syriens leben derzeit geschätzte 700.000 Binnenvertriebene, viele von ihnen sind vollständig von humanitärer Hilfe abhängig. Sie leben in überfüllten, unsicheren und teils informellen Lagern, ohne ausreichend Wasser und Sanitäranlagen. Nur drei der ehemals 279 öffentlichen Gesundheitszentren der Region sind derzeit noch in Betrieb. Sie können den Bedarf an medizinischer Versorgung bei Weitem nicht decken.

Die Verzweiflung der Menschen ist groß, denn es gibt weder Aussicht auf eine baldige Beendigung dieses Konfliktes noch irgendwelche Anzeichen für eine Verbesserung ihrer Situation. Die wirtschaftliche Krise des Landes sowie die Covid-19-Pandemie verschlimmern die Lage weiter.

Das syrische Gesundheitssystem ist nach Jahren des Krieges sehr geschwächt. Viele Gesundheitseinrichtungen wurden bei Kämpfen zerstört und sind nicht mehr in Betrieb. Einrichtungen, die noch in Betrieb sind, haben mit Material- und Personalknappheit zu kämpfen und können den Bedarf nach medizinischer Versorgung ohnehin schon nicht decken. Die Covid-19-Pandemie hat die Situation noch erschwert. Seit Auftreten der ersten Covid-19-Fälle gab es im Norden Syriens nie ausreichend Testkapazitäten, so dass die tatsächliche Ausbreitung des Virus in der Region nur schwer zu ermessen ist. Die Gesundheitseinrichtungen in der Region verfügen zudem nicht über ausreichend Material wie zum Beispiel Sauerstoff, um Erkrankte angemessen versorgen zu können.

Ärzte ohne Grenzen leistet humanitäre Hilfe im Nordosten und Nordwesten Syriens (in den Provinzen Idlib und Aleppo im Nordwesten sowie Rakka und Hassakeh im Nordosten). Aufgrund der Unsicherheit sowie der schwierigen Zugangsbedingungen sind die Aktivitäten jedoch begrenzt. In Regionen, zu denen die Teams der Organisation Zugang haben, betreiben oder unterstützen sie Krankenhäuser und Gesundheitszentren und verteilen Hilfsgüter in Vertriebenenlagern. In Regionen, zu denen kein direkter Zugang möglich ist, unterstützt Ärzte ohne Grenzen Gesundheitseinrichtungen aus der Ferne mit Spenden von Medikamenten, medizinischem Material oder finanziellen Mitteln sowie Trainings und medizinischer Beratung.

Zu den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten hat die Organisation nach wie vor keinen Zugang – auch nach mehrfacher Anfrage und selbst nach Beginn der Covid-19-Pandemie nicht.
 
Interviews mit Mitarbeiter*innen von Ärzte ohne Grenzen, die die Projekte der Organisation in Syrien koordinieren, sind möglich.

Für weitere Auskünfte sprechen Sie uns an

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Stefan Dold
- Pressestelle