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Ärzte ohne Grenzen: Deutschland und reiche Länder dürfen lebensrettende WTO-Resolution zu Covid-19 nicht länger blockieren 

Berlin, 3. Februar 2021. Vor einer neuen Gesprächsrunde im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) am Donnerstag kritisiert die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen die Blockadehaltung Deutschlands und anderer reicher Länder gegenüber einer wichtigen Covid-19-Resolution. Der von Indien und Südafrika eingebrachte Antrag sieht vor, den WTO-Mitgliedsstaaten freizustellen, für die Dauer der Pandemie geistige Eigentumsrechte auf medizinische Produkte auszusetzen, die im Kampf gegen die Pandemie gebraucht werden. Das würde eine weltweite Ausweitung der dringend benötigten Produktion von Impfstoffen, Tests, Medikamenten, Schutzmasken und Beatmungsgeräten ermöglichen und könnte so Millionen Menschen schneller Schutz bieten. 

„Kanzlerin Merkel hat vor knapp einem Jahr gesagt, dass ein Covid-19-Impfstoff ein globales öffentliches Gut sein wird und man an möglichst vielen Stellen auf der Welt Produktionskapazitäten für einen Impfstoff schaffen muss. Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen“, sagt Marco Alves von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen. „Es ist ein Skandal, dass von dem Bekenntnis zu globaler Weitsicht nur noch nationale Kurzsicht übriggeblieben ist. Wir rufen Wirtschaftsminister Altmaier und Justizministerin Lambrecht auf, ihre Blockade gegen die wichtige Resolution aufzugeben. Sie müssen so dafür sorgen, dass Technologietransfer erfolgt und weltweit so schnell wie möglich Impfstoffe, Tests, Schutzmasken, Medikamente und Beatmungsgeräte ohne Blockaden durch Patente und andere Monopole produziert werden können, in für alle ausreichenden Mengen und zu Preisen, die alle bezahlen können. Das wäre echte globale Solidarität. Stattdessen überlässt man in einer globalen Pandemie Firmen, deren Impfstoff-Entwicklung zu großen Teilen mit Steuergeldern finanziert wurden, die Entscheidung, wann und wer Zugang zu Schutz und Behandlung hat und wer nicht.“

Der Beschluss des Antrags würde Arzneimittelherstellern weltweit das dringend benötigte Signal senden, mit der Produktionsplanung für Impfstoffe und andere medizinische Produkte beginnen zu können, ohne von Patenten und Monopolrechten blockiert zu werden. Trotz der Unterstützung durch eine große Zahl ärmerer Staaten lehnen reiche Länder mit einer großen Pharmaindustrie wie die EU-Staaten, die USA, Großbritannien, die Schweiz und Japan den Vorschlag ab. Für die Bundesregierung hat sich das Justizministerium gegen die Aussetzung geistiger Eigentumsrechte ausgesprochen.[1] In den vergangenen drei Monaten haben die Gegner des Antrags die Beratungen im Rahmen der WTO bewusst verzögert.

„Wegen der neuen Covid-19-Mutationen kämpfen gerade viele afrikanische Länder mit einer sich schnell ausbreitenden Krankheitswelle und überlasteten Gesundheitssystemen“, sagt Khosi Mavuso, medizinischer Leiter von Ärzte ohne Grenzen in Südafrika. „Wir sind besorgt, dass die Pandemie ohne einen universalen, bezahlbaren und gleichen Zugang zu medizinischen Produkten länger dauern wird. Die Pandemie wird nicht nur Patienten mit Covid-19 betreffen, sondern auch mehr Todesfälle und mehr Leid zur Folge haben, weil die Kapazität der Gesundheitssysteme für andere Krankheiten beeinträchtigt wird. Es ist offensichtlich, dass dieser Antrag zur Aussetzung von Monopolen Menschenleben über Unternehmensprofite stellt. Deshalb rufen wir alle Länder auf, ihn zu beschließen.“

[1]Quelle: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/patente-impfstoffe-101.html

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Stefan Dold
- Pressestelle