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Griechenland

Die Situation in Lagern auf Lesbos und Samos eskaliert

Die Situation für Asylsuchende in den hoffnungslos überfüllten EU-Lagern auf den griechischen Inseln sowie für neu Ankommende verschärft sich weiter. Nach Angriffen auf humanitäre Helfer auf Lesbos muss Ärzte ohne Grenzen die medizinischen Aktivitäten täglich an die aktuelle Lage anpassen. Am Dienstagmorgen blieben sowohl die Kinderklinik bei dem Lager Moria als auch die psychosoziale Klinik für Überlebende schwerer Gewalt in Mytilini zunächst geschlossen. Ärzte ohne Grenzen bleibt aber entschlossen, weiter auf Lesbos zu bleiben und den Asylsuchenden die medizinische und psychologische Hilfe zu leisten, die sie dringend benötigen.

Marie von Manteuffel, die Flucht- und Migrationsexpertin von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, die vor kurzem auf Lesbos und Samos war, sagt: 

„Wir erwarten von der Bundesregierung, nicht länger nur zuzusehen und endlich für eine Lösung einzutreten, die zuallererst Menschenleben respektiert und schützt. Europa ist in der Lage und sollte auch willens sein, dieser unerträglichen Situation ein Ende zu bereiten. Als erster Schritt müssen zumindest chronisch kranke Kinder und ihre Familien in Deutschland und anderen EU-Staaten aufgenommen werden.“
   
Zur aktuellen Lage auf Lesbos sagt Stefano Argenziano, Koordinator für die Projekte von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland:

„Fast vier Jahre ist es nun her, seit der EU-Türkei-Deal Menschenleben und politische Ziele gegeneinander ausgespielt hat. Gerade müssen wir wieder miterleben, dass die EU-Mitgliedstaaten Menschen mit allen Mitteln davon abhalten wollen, Schutz zu suchen. Anstatt sie auch nur mit den grundlegendsten Dingen zu versorgen, setzen die EU-Staaten die Männer, Frauen und Kinder weiterer Gefahr aus.  

In den vergangenen Tagen fand diese Politik ihren Tiefpunkt im tragischen Tod eines Kindes. An der Grenze werden Geflüchtete mit Tränengas besprüht. Es gibt Berichte, die Küstenwache gehe gewaltsam gegen die Menschen vor, anstatt Booten in Not zu helfen.

Mit 40.000 Menschen, die auf den griechischen Inseln ausharren müssen, hat die Situation für die Asylsuchenden und Migranten ebenso wie für die Einheimischen einen kritischen Punkt erreicht. Beide Gruppen wurden von den europäischen Staats- und Regierungschefs im Stich gelassen, um den EU-Türkei-Deal zu retten. Das führte zu Spannungen und resultiert jetzt in Unruhen, Straßensperren und Angriffen gegen humanitäre Helfer.

Menschen in Not wird dadurch dringend benötigte Hilfe vorenthalten. Denn Hilfsorganisationen, darunter auch die Teams von Ärzte ohne Grenzen, müssen aus Sicherheitsgründen ihre Arbeit reduzieren. Die griechische Regierung und die EU müssen umgehend Schritte zur Deeskalation der Situation auf den Inseln beginnen. 

Die angekündigten Maßnahmen der griechischen Regierung werden verheerende Konsequenzen haben, weil sie den Geflüchteten das Recht nehmen, Schutz zu suchen, und darauf abzielen, die Menschen zurück in die Türkei zu drängen. Das wird nur zu noch mehr Chaos, zu Toten auf See, zu eskalierender Gewalt und einer noch schlimmeren humanitären Situation führen. 

Die EU-Mitgliedstaaten müssen die wahre Notsituation angehen. Das bedeutet: Sie müssen umgehend die Menschen von den griechischen Inseln in andere EU-Staaten bringen. Sie müssen ein Asylsystem etablieren, das wirklich funktioniert, und sie müssen aufhören, Geflüchtete unter unmenschlichen Bedingungen ausharren zu lassen.“
 

Für weitere Auskünfte sprechen Sie uns an

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Stefan Dold
- Pressestelle