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Ärzte ohne Grenzen: Vernachlässigte Tropenkrankheiten dürfen durch Covid-19 nicht vergessen werden – Bundesregierung muss Forschungsförderung erhöhen

Berlin, 29. Januar 2021. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen fordert die Staatengemeinschaft auf, trotz Covid-19 die Anstrengungen gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten zu verstärken. Die Bundesregierung sollte ihre Forschungsförderung in diesem Bereich erhöhen. In dem neuen Bericht „Overcoming Neglect“ gibt Ärzte ohne Grenzen anhand von sechs verschiedenen Krankheiten und Gesundheitsproblemen, die die Teams der Organisation in den vergangenen 30 Jahren behandelt haben, Empfehlungen für konkrete Maßnahmen ab. Ärzte ohne Grenzen unterstützt das kurz vor dem Welttag gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten am Samstag vorgestellte Programm der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Doch Fortschritte bei der Ausrottung und Infektionskontrolle sind nun durch die Covid-19-Pandemie bedroht.

„Covid-19 darf auf keinen Fall dazu führen, dass Krankheiten vergessen werden, an denen Hunderte Millionen Menschen leiden. Doch genau diese Gefahr sehen wir im Moment“, sagt Marco Alves von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. „Dagegen zeigen die enormen öffentlichen Forschungsinvestitionen zu Covid-19, was möglich ist, wenn politischer Wille da ist. Die Bundesregierung sollte dafür sorgen, dass die Forschungsförderung zu diesen armutsassoziierten Krankheiten deutlich erhöht wird, dass Arzneimittel entwickelt werden, die Menschen in ärmeren Ländern dringend brauchen, und dass sie zu Preisen abgegeben werden, die alle bezahlen können. Das sollte sich auch in der zukünftigen Neuausschreibung und Förderhöhe für nicht profitorientierte Produktentwicklungspartnerschaften zwischen öffentlichen Institutionen und der Pharmaindustrie abbilden.“

Durch die Covid-19-Pandemie wurden oft Programme zur Behandlung von vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases – NTDs) unterbrochen, fragile Gesundheitssysteme stehen unter noch stärkerem Druck, und es gibt alarmierende Anzeichen dafür, dass für NTDs vorgesehene Ressourcen umgewidmet und Mittel gekürzt werden. Es besteht die Gefahr, dass tropische Krankheiten noch weiter vernachlässigt und die bedeutenden Erfolge der vergangenen Jahre verspielt werden. Einige der lebensbedrohlichsten Krankheiten sind weit von einer Ausrottung entfernt und nicht unter Kontrolle. Hunderttausende Menschen sterben jedes Jahr an den als NTDs qualifizierten Krankheiten. Die neue Roadmap der WHO will nun die Entwicklung von Impfstoffen, Therapien und Tests für vernachlässigte Tropenkrankheiten unterstützen. Zu den ehrgeizigen Zielen gehören die Eliminierung von mindestens einer NTD in 100 Ländern bis zum Jahr 2030 und die Reduktion der Anzahl der Menschen um 90 Prozent, die wegen der Krankheiten medizinisch behandelt werden müssen.

Der Bericht „Overcoming Neglect” von Ärzte ohne Grenzen beschreibt die Arbeit der Organisation der letzten drei Jahrzehnte im Bereich vernachlässigter Tropenkrankheiten: Die Behandlung von Patientinnen und Patienten, die Forschung im Rahmen der Projekte sowie die aktive Beteiligung an der Reduktion der Fallzahlen. In diesem Zeitraum wurden Hunderttausende Patientinnen und Patienten behandelt. Viele hatten lebensbedrohliche parasitäre Infektionen wie Kala Azar (viszerale Leishmaniose), Chagas (Amerikanische Trypanosomiasis) oder die Schlafkrankheit (Afrikanische Trypanosomiasis). Einige waren von Noma betroffen, einer tödlichen bakteriellen Krankheit, die so vernachlässigt ist, dass sie nicht einmal als NTD anerkannt ist. Andere wurden Opfer von Schlangenbiss-Vergiftungen, die mehr Todesfälle und Behinderungen verursachen als jede andere NTD.

Der Bericht kann hier heruntergeladen werden.

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Stefan Dold
- Pressestelle