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Covid-19: Reiche Länder müssen ihre Impfstoffvorräte mit Ländern des südlichen Afrika teilen

Johannesburg/Berlin, 18. Februar 2021. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen fordert, die von Mutationen des Coronavirus besonders betroffenen Ländern des südlichen Afrika müssten schnellstmöglich wirksame Impfstoffe gegen Covid-19 erhalten. Reiche Staaten, in denen medizinisches Personal und Risikogruppen geimpft sind, müssen ihre Impfstoffkontingente aus den bilateralen Vorab-Kaufverträgen schnellstmöglich teilen. Reiche Länder dürfen zudem die Aussetzung von Patentrechten für die Dauer der Pandemie nicht länger blockieren. Während weltweit bereits 174 Millionen Menschen gegen Covid-19 geimpft sind, breitet sich im südlichen Afrika eine hochansteckende Virusmutation aus. In den betroffenen Ländern stehen jedoch kaum oder keine Impfstoffe zur Verfügung.

Ärzte ohne Grenzen fordert statt egoistischer Abkommen zwischen reichen Ländern und Pharmafirmen eine faire weltweite Verteilung von Covid-19-Impfstoffen, die auch die Wirksamkeit verschiedener Impfstoffe gegen unterschiedliche Varianten des Coronavirus in Betracht zieht. So musste Südafrika eine Impfkampagne stoppen, weil das Vakzin von Astra-Zeneca eine geringere Wirksamkeit gegen die im Land verbreitete Mutation 501Y.V2 aufweist.

„Einkommensschwache Länder brauchen rechtzeitig Zugang zu den richtigen Impfstoffen zu bezahlbaren Preisen“, sagt Tom Ellman, Leiter der medizinischen Abteilung von Ärzte ohne Grenzen in Südafrika. „Solange die reichen Länder und die Pharmafirmen das nicht unterstützen, und zwar schnell, riskieren wir, neue Pandemien impfstoffresistenter Covid-19-Varianten zu erzeugen. Reiseverbote werden das nicht aufhalten, aber Fairness und Solidarität könnten es.“

„Wir sehen hier ein inakzeptables Versagen der Weltgemeinschaft bei der Bekämpfung von Covid-19“, sagt Claire Waterhouse von Ärzte ohne Grenzen in Südafrika. „Wir verurteilen das Verhalten von Ländern, die Impfstoffe horten und damit bereits Menschen ohne erhöhtes Risiko impfen. Dies geschieht auf Kosten von Entwicklungsländern, die noch nicht einmal damit beginnen konnten, das Personal in Gesundheitseinrichtungen zu impfen, die unter den hohen Patientenzahlen zusammenzubrechen drohen. Jeder Tag, an dem sich Covid-19-Impfungen hier weiter verzögern, bedeutet für Gesundheitspersonal im südlichen Afrika und anderen ärmeren Ländern eine große Gefahr, während sie für die Kranken sorgen.“

Ärzte ohne Grenzen ist seit Beginn der Pandemie in der Bekämpfung und Vorbeugung von Covid-19 in Ländern des südlichen Afrika aktiv – in Eswatini, Malawi, Mosambik, Südafrika und Simbabwe. Anfang des Jahres 2021 kam es in der Region zu einer zweiten Welle von Covid-19-Infektionen. Mehrere südafrikanische Länder registrierten allein im Januar 2021 mehr Fälle von Covid-19 als im gesamten Jahr 2020.

„Unsere Teams vor Ort haben direkt miterlebt, welch gravierende Auswirkungen die zweite Welle in der Region hatte“, sagt Philipp Aruna, Leiter der Programme von Ärzte ohne Grenzen im südlichen Afrika. „Die Gesundheitssysteme waren mit dem plötzlichen Patientenansturm überlastet. In Südafrika gab es nicht ausreichend Gesundheitspersonal und auch die Krankenhäuser hatten Schwierigkeiten, alle Patienten zu versorgen. Zwar sinken die Fallzahlen von Covid-19 in einigen Ländern der Region langsam, doch wir bereiten uns auf mögliche erneute Anstiege vor. Es ist wichtig, dass die für den regionalen Kontext wirksamsten Vakzine schnell eingesetzt werden, um die Infektionszahlen zu senken und den Tod von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitswesens sowie von Risikopatienten zu verhindern. Bislang haben die meisten Länder im südlichen Afrika, so wie alle ärmeren Länder der Welt, die Impfstoffmengen, die sie brauchen, noch nicht bekommen.“

Dieselben Länder, die einen Großteil ihres medizinischen Personals bereits geimpft haben, blockieren seit Monaten eine von Südafrika und Indien angeführte Initiative, deren Ziel es ist, geistige Eigentumsrechte auf medizinische Produkte für Covid-19, einschließlich Impfstoffen, bei der Welthandelsorganisation (WTO) für die Dauer der Pandemie auszusetzen. Dies würde es Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ermöglichen, Medizinprodukte wie Diagnostika, Medikamente oder Impfstoffe gegen Covid-19 selbst herzustellen oder preisgünstiger zu beziehen, zum Beispiel mittels Technologietransfers, der Herstellung vor Ort oder verstärkter Preiskonkurrenz.

 

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Stefan Dold
- Pressestelle