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Covid-19: „Jeden Tag erleben wir das Versagen der globalen Solidarität“

Berlin/Johannesburg, 10.12.2021 – Sieben Organisationen aus Südafrika haben sich per Brief mit einem Appell an die deutsche Bundesregierung gewandt. Angesichts der schockierend geringen Impfquoten im Land und auf dem afrikanischen Kontinent fordern sie, sofort die Patente auf alle Covid-19-Materialien auszusetzen und die Technologie für Impfstoffe zur Verfügung zu stellen, um die Herstellung zu beschleunigen. „Das gilt besonders für mRNA-Impfstoffe, deren Erforschung und Entwicklung von der deutschen Regierung mit Hunderten Millionen Euro Steuergeldern mitfinanziert wurde“, sagt Candice Sehoma, Expertin für Impfstoffe und Medikamente von Ärzte ohne Grenzen Südafrika.   

Sie appelliert an die deutsche Verantwortung: „Um die tödliche globale Ungleichverteilung zu beenden, müssen Sie alle erdenklichen Schritte unternehmen, um die Produktion schnellstmöglich hochzufahren. Der Transfer von Know-how an Produzenten weltweit wird ausdrücklich im Koalitionsvertrag erwähnt. Nun müssen Sie auch schnell den Druck auf Hersteller erhöhen, insbesondere auf Biontech, damit diese endlich ihre Impfstoff-Technologie teilen.“  

Der Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck sowie Entwicklungsministerin Svenja Schulze ist unterzeichnet von zivilgesellschaftlichen Gruppen, Patient*innenorganisationen und Menschenrechtsaktivist*innen. Sie kritisieren, dass bisher in Südafrika erst sechs Prozent der Bevölkerung voll geimpft sind, während in Deutschland 70 Prozent zumindest eine Dosis erhalten haben. In 18 afrikanischen Ländern sind weniger als zwei Prozent geimpft. „Wir in Südafrika sehen jeden Tag direkt die dramatischen Folgen des ungleichen Zugangs zu Impfungen, Tests und Medikamenten“, sagt Sehoma. „Jeden Tag erleben wir das Versagen der globalen Solidarität.“ 

mRNA-Impfstoffe eignen sich besonders für einen Technologietransfer, weil sie leichter und schneller in großen Mengen herzustellen sind und schnell an neue Virusvarianten angepasst werden können. Ein Technologietransfer nach Afrika wäre binnen nur sechs Monaten möglich, selbst an Produzenten, die bisher keine Impfstoffe hergestellt haben. Die nötigen Fertigkeiten sind in Südafrika und anderen Ländern im Globalen Süden vorhanden. Es scheitert am Zugang zu der Technologie, die Biontech und andere mRNA-Entwickler unter Verschluss halten.  

Die Unterzeichnenden fordern eine sofortige Aussetzung der Patente mittels des TRIPS Waivers, der bisher maßgeblich von Deutschland blockiert wird. „Die deutsche Regierung muss zudem darauf hinwirken, dass die deutschen Impfstoffhersteller ihr Wissen dem Transfer-Hub der WHO in Südafrika zur Verfügung stellen“, sagt Sehoma.  

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Unsere Pressereferentin Heike Dierbach
Heike Dierbach
- Pressestelle