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Zehn Jahre nach Ebola-Epidemie: Ärzte ohne Grenzen fordert Notvorrat an Medikamenten

Genf/Brüssel/Berlin, 18. März 2024. Ein Jahrzehnt nach dem Beginn der Ebola-Epidemie in Westafrika sieht Ärzte ohne Grenzen die Welt nicht ausreichend für erneute Ausbrüche der Krankheit gewappnet. Aus Sicht der medizinischen Nothilfeorganisation ist es enttäuschend, dass es inzwischen zwar Möglichkeiten zur Behandlung gibt, jedoch keinen Notvorrat an Medikamenten – vor allem mit Blick auf Länder, in denen die Krankheit endemisch ist. Während der Ebola-Epidemie in Westafrika im Jahr 2014 waren mehr als 11.000 Menschen durch die Krankheit ums Leben gekommen.

„Heutzutage gibt es wirksame antivirale Behandlungen und Impfstoffe.” 

„Damals gab es keine antiviralen Behandlungen”, sagt Armand Sprecher, Epidemiologe bei Ärzte ohne Grenzen im Rückblick. Da es auch keine Impfstoffe gegen Ebola gab, war es der vielversprechendste Ansatz im Kampf gegen die Krankheit, zu versuchen, Menschen zu Verhaltensänderungen zu bewegen, um die Übertragung einzudämmen.

„Heutzutage gibt es wirksame antivirale Behandlungen und Impfstoffe”, sagt Armand Sprecher. „Mit ihnen verfügen wir über wichtige Instrumente zur Rettung von Menschenleben, zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Kontrolle von Ausbrüchen. Das funktioniert aber nur, wenn sie für Menschen, die sie benötigen, uneingeschränkt verfügbar sind. Deshalb fordern wir einen Notvorrat." 

Die Patente für die medizinischen Produkte liegen bei den zwei US-Pharmakonzernen Regeneron und Ridgeback Biotherapeutics. Fast alle derzeit weltweit verfügbaren Behandlungen werden in einem nationalen Sicherheits- und Bioverteidigungsvorrat aufbewahrt, der von den USA genutzt wird. Es ist dringend notwendig, einen internationalen Notvorrat dieser Behandlungen anzulegen, der von Regeneron und Ridgeback bereitgestellt und von der Internationalen Koordinierungsgruppe (ICG) für die Bereitstellung von Impfstoffen verwaltet wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Behandlungen immer und überall kurzfristig bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden können. 

Nachdem es fast ein halbes Jahrhundert lang keine spezifischen Behandlungsmöglichkeiten für Ebola gab, wurden erst während des größten Ausbruchs im Jahr 2014 die Mittel für die Erforschung und Entwicklung von Behandlungen und Impfstoffen drastisch erhöht. An der Bereitstellung der Mittel von 800 Millionen US-Dollar waren unter anderem die Regierungen der betroffenen Länder beteiligt. Unterstützt wurden sie von NGOs sowie akademischen Einrichtungen, die klinische Studien durchführten oder erleichterten. Überdies waren Patient*innen und Überlebende direkt an der Erprobung der Behandlungen beteiligt. Diese Behandlungen wurden 2022 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen und stehen nun auf der Modellliste der WHO für unentbehrliche Arzneimittel. 

Inzwischen gibt es auch zwei Impfstoffe, die – neben der Behandlung – für die Prävention und Reaktion auf einen Ebola-Ausbruch unerlässlich sind. Diese neuen medizinischen Hilfsmittel sind zwar eine wichtige Ergänzung des Ebola-Instrumentariums, wirken aber nur gegen das Zaire-Ebolavirus, die häufigste Virusart, die den Ausbruch im Jahr 2014 verursachte. 

Die beiden zugelassenen Medikamente sind für die Menschen, die sie bei Ausbrüchen benötigen, weitgehend unzugänglich. Es gibt viele Herausforderungen für die schnelle Bereitstellung von Behandlungen bei einem Ebola-Ausbruch, aber die Tatsache, dass bei fünf Ausbrüchen seit 2020 nur ein Drittel der Patient*innen eines der beiden Medikamente erhalten hat, ist zum großen Teil darauf zurückzuführen, dass die Produkte dort, wo die Ausbrüche am häufigsten auftreten, nicht ohne weiteres verfügbar sind. Und das, obwohl betroffene Länder und Communities einen Beitrag am Entwicklungsprozess hatten. 

Regeneron und Ridgeback behalten die private Kontrolle über diese Medikamente durch Patente und Lizenzen. Ärzte ohne Grenzen fordert die Patentinhaber von Ebola-Medikamenten auf, Lizenzen zu vergeben und die Technologie an fähige Hersteller weiterzugeben, damit ihre Verfügbarkeit erhöht wird. 

* REGN-EB3 (Atoltivimab/Maftivimab/Desivimab), das von Regeneron unter dem Namen Inmazeb vermarktet wird, und mAb114 (Ansuvimab), das von Ridgeback unter dem Namen Ebanga vermarktet wird.

Gerne vermitteln wir Ihnen Interviews mit dem Intensivmediziner Tankred Stöbe und dem Epidemiologen Maximilian Gertler. Beide waren vor zehn Jahre für Ärzte ohne Grenzen während der Ebola-Epidemie in West-Afrika im Einsatz.

Für weitere Auskünfte sprechen Sie uns an

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Unsere Pressereferetin Christiane Winje
Christiane Winje
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