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Reiche Länder dürfen eine Patentaussetzung bei Covid-19 nicht länger blockieren

Genf/Berlin, 9. März 2021. Vor dem Beginn einer neuen Verhandlungsrunde der Welthandelsorganisation (WTO) am Mittwoch ruft der internationale Präsident von Ärzte ohne Grenzen Christos Christou die reichen Länder auf, ihre Blockade von Patentaussetzungen während der Covid-19-Pandemie aufzugeben. Bisher verhindern die EU-Staaten, die USA und andere Länder durch eine Hinhaltetaktik die Verhandlungen über einen entsprechenden Resolutionsentwurf von Indien und Südafrika. Dieser sieht vor, dass Staaten geistige Eigentumsrechte auf medizinische Hilfsmittel und Technologien zur Bekämpfung von Covid-19 aussetzen dürfen, bis eine Herdenimmunität erreicht ist. Etwa 100 Länder unterstützen die Resolution bereits.

„Die Aufhebung der Monopole einiger Unternehmen würde Impfstoffe, Tests und Behandlungen für mehr Menschen zugänglich machen“, sagt Christos Christou, internationaler Präsident von Ärzte ohne Grenzen. „Noch ein Jahr nach Beginn der Covid-19-Pandemie und nach 2,5 Millionen Toten leugnen einige Regierungen dies jedoch noch immer. Der von Indien und Südafrika eingebrachte Resolutionsentwurf ermöglicht es allen Regierungen, für eine bessere Zusammenarbeit bei der Entwicklung, Produktion und Versorgung mit Arzneien gegen Covid-19 zu sorgen, ohne dabei von Privatinteressen der Pharmaindustrie behindert zu werden. Die reichen Länder müssen endlich ihre Hinhaltetaktik beenden. Sie müssen ihre Versprechen von globaler Solidarität einlösen und endlich den Zugang zu medizinischen Hilfsmitteln gegen Covid-19 für alle und überall verwirklichen.“ 

Teams von Ärzte ohne Grenzen beobachten in Dutzenden Ländern weltweit, wie Gesundheitssysteme an die Grenzen der Belastbarkeit kommen, während sich hochansteckende Varianten des Coronavirus ausbreiten. Gleichzeitig sind Impfstoffe, Tests und andere Hilfsmittel knapp. Die Aussetzung von Patentmonopolen wäre für viele ärmere Länder, die auf dem freien Markt den Kürzeren ziehen, ein wichtiger Schritt zu einem allgemeinen Zugang zu medizinischen Hilfsmitteln gegen die Pandemie. Stattdessen schließen Pharmaunternehmen, durch Patentmonopole geschützt, inmitten der Pandemie geheime Deals mit einzelnen Regierungen ab, die Länder mit geringerem Einkommen ausschließen.

Bislang blockieren wenige WTO-Mitgliedsländer den Beginn von formellen Verhandlungen über den Resolutionsentwurf, darunter die EU, die USA, Großbritannien, Japan, Australien, Brasilien, Kanada, Norwegen und die Schweiz. Viele dieser Länder haben sich gleichzeitig deutlich größere Mengen an Impfstoffen gesichert, als sie für die Impfung ihrer gesamten Bevölkerung bräuchten. Der Resolutionsentwurf hat breite Unterstützung von hunderten internationalen Organisationen auf der ganzen Welt erhalten, etwa von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Programm der Vereinten Nationen zu HIV/AIDS (UNAIDS), Unitaid, der „Drugs for Neglected Diseases Initiative“ (DNDi), „South Centre“ und dem „Third World Network“. Mehr als 115 Mitglieder des Europäischen Parlaments haben die Europäische Kommission und den Europäischen Rat aufgefordert, ihren Widerstand gegen den Monopolverzichtsvorschlag aufzugeben.

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Stefan Dold
- Pressestelle