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Covid-19: Sauerstoffversorgung muss in vielen Ländern dringend verbessert werden

Unser Einsatzleiter Dr. Marc Biot spricht über die entscheidende Bedeutung von Sauerstoff für die Überlebenschancen von schwer erkrankten Covid-19-Patient*innen.

Ärzte ohne Grenzen veröffentlicht Bericht „Gasping for air: the deadly shortages in access to medical oxygen for Covid-19 patients“

Berlin/Brüssel, 10. Mai 2021. Zur Versorgung von schwer an Covid-19 erkrankten Menschen ist medizinischer Sauerstoff essentiell. Regierungen und Geber müssen daher umgehend in eine bessere Versorgung investieren, mahnt Ärzte ohne Grenzen in dem heute veröffentlichten Bericht „Gasping for air: the deadly shortages in access to medical oxygen for Covid-19 patients“.  Bei der Bekämpfung von Covid-19 darf es nicht nur um Impfstoffe gehen. Da Impfstoffe in den meisten Ländern weltweit noch nicht verfügbar sind, werden Menschen weiterhin an Covid-19 erkranken – und Sauerstoff entscheidet über ihre Überlebenschancen.

„Sauerstoff ist die wichtigste Medizin für Menschen mit schwerem oder kritischem Covid-19-Krankheitsverläufen“, sagt Marc Biot, Leiter der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel. „Doch die Versorgung mit medizinischem Sauerstoff ist oft unzureichend, denn der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur wurde in Ländern mit schwachem oder mittlerem Einkommen über Jahre vernachlässigt. Bereits vor der Covid-19-Pandemie haben wir immer wieder Patientinnen und Patienten mit schwerer Lungenentzündung, Malaria oder einer Sepsis und viele zu früh geborene Babys sterben sehen, weil sie nicht mit Sauerstoff versorgt werden konnten. Der Corona-Ausbruch hat den Mangel an Sauerstoff an vielen Orten nun in den Fokus gerückt. Eine unzureichende Sauerstoffversorgung tötet.“

In einkommensschwachen Ländern sind Krankenhäuser und Gesundheitszentren bei der Beschaffung von medizinischem Sauerstoff oft auf instabile und teure Versorgungsketten angewiesen. Während Krankenhäuser in reichen Ländern ihre eigenen Sauerstoffanlagen haben und so die Krankenbetten direkt mit hochkonzentriertem Sauerstoff versorgen können, arbeiten Kliniken in ärmeren Ländern mit sperrigen Sauerstoffflaschen, die teuer und schnell geleert sind, oder mit kleinen Sauerstoffkonzentratoren, die für schwer an Covid-19 Erkrankte nicht ausreichen.

„Die Menschen kommen zwei Mal zu kurz“, sagt Marc Biot. „Sie stehen ganz am Ende der Warteschlange der weltweiten Impfstoffversorgung und erhalten zudem nicht die bestmögliche Versorgung, wenn sie an Covid-19 erkranken.“ Aktuelle Beispiele für die unzureichende Versorgung mit Sauerstoff von schwer an Covid-19 Erkrankten sind Indien oder die Stadt Aden im Jemen. Das dortige von Ärzte ohne Grenzen unterstützte Krankenhaus war in den vergangenen Tagen zu mehr als 100 Prozent ausgelastet, 600 Sauerstoffflaschen wurden pro Tag verbraucht. Dennoch mussten an Covid-19 Erkrankte abgewiesen werden, weil nicht genug Sauerstoff vorrätig ist.

Wo die Versorgung mit medizinischem Sauerstoff unzureichend ist, arbeiten die Teams von Ärzte ohne Grenzen an kreativen Lösungen. Ein Team in Südafrika hat mehrere kleine Sauerstoffkonzentratoren, die einzeln nicht stark genug wären, um schwer an Covid-19 Erkrankte mit Sauerstoff aus der Luft zu versorgen, zusammengeschlossen, um ihre Leistung zu erhöhen. In der Demokratischen Republik Kongo hat ein Team mehrere Sauerstoffflaschen verbunden und so eine zentrale Sauerstoffanlage eingerichtet.

„Zeit ist ein kritischer Faktor“, sagt Biot. „Die praktischen Lösungen, die unsere Teams im Einsatz anwenden, retten Leben, aber das reicht nicht. Mehr Sauerstoffkonzentratoren müssen bereitgestellt werden, vor allem in ländlichen Regionen, wo es keine Sauerstoffanlagen gibt. Die Preise für medizinischen Sauerstoff müssen reguliert und ausreichende Lager und Versorgungswege eingerichtet werden, damit Gesundheitseinrichtungen verlässlich Nachschub erhalten. Dies sind die kurzfristigen Schritte, die jetzt nötig sind, um Leben zu retten. Regierungen müssen zugleich die strukturelle Unterversorgung mit medizinischem Sauerstoff angehen, damit Patientinnen und Patienten nicht mehr nach Luft ringen müssen.“

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Lena Langbein
Lena Langbein
- Pressestelle