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Unsere Hilfe in Libyen

Die aktuelle Situation nach den Überschwemmungen

Ein Sturm hat am 10. September 2023 den Osten Libyens schwer getroffen und zu heftigen Überschwemmungen in der Region geführt. Besonders betroffen ist die Stadt Darna. Dort sind zwei Dämme gebrochen, wodurch Straßen und wichtige Infrastruktur schwer beschädigt wurden. Drei Monate nach der Katastrophe sind die offiziellen Zahlen bei 4.500 Toten und mehr als 8.000 Vermissten stehen geblieben.     

Bislang haben wir mehr als 4.480 Patient*innen in Darna medizinisch und über 1.000 psychologisch betreut.  

So helfen wir

  • Unsere mobilen Teams versorgen insbesondere Vertriebene medizinisch und psychologisch.  
  • Wir bieten psychologische Unterstützung für Menschen, die in der Katastrophe alles verloren haben und in temporären Unterkünften leben sowie für paramedizinisches Personal und Freiwillige in Gesundheitseinrichtungen. 
  • In zwei Gesundheitszentren in Darna bieten unsere Teams medizinische Grundversorgung
  • In einem weiteren Gesundheitszentrum in Darna behandeln wir chronischer Krankheiten und bieten psychosoziale Versorgung
  • Unser Logistik-Team stellt Wasser- und Abwassersysteme bereit, um hygienische Verhältnisse zu ermöglichen und dem Ausbruch von Krankheiten vorzubeugen  
  • Wir haben medizinisches Material und Leichensäcke an den Libyschen Roten Halbmond gespendet. 

Die Zerstörung ist verheerend

Zwei Dämme in unmittelbarer Nähe der Stadt Darna brachen nachts, während alle schliefen. Die Fluten zerstörten das Stadtzentrum und schwemmten innerhalb weniger Stunden alles und jeden mit sich.  

Michel Olivier Lacharité, Leiter unseres Notfallteams in Libyen
Michel Olivier Lacharité, Leiter unseres Notfallteams in Libyen

“Viele Menschen, die von uns behandelt wurden, standen noch unter Schock. Einige zeigten Anzeichen eines psychischen Traumas. Manche Kinder weigerten sich, Wasser zu trinken, weil sie Angst hatten, zu ertrinken. Erwachsene klagten über Flashbacks und darüber, dass sie zwischen 2.30 Uhr und 5 Uhr morgens nicht schlafen konnten - genau zu der Zeit, als die tödliche Welle in der Nacht des 10. September über die Stadt hereinbrach.”

Das Leben in Darna kehrt nun langsam zur Normalität zurück. Die Notunterkünfte für die Vertriebenen wurden nach und nach geschlossen, die Wiederaufbauarbeiten haben begonnen. Doch auch drei Monate nach der Katastrophe ist der Bedarf an psychologischer Unterstützung enorm. Viele Einwohner*innen sind traumatisiert. "Sie haben Albträume, sie haben das Gefühl, dass sich die Katastrophe wiederholen könnte, sie haben Angst vor Regen, Wolken und dem Klimawandel", berichtet einer unserer Psychologen. 

So können Sie helfen

Unterstützen Sie uns mit einer regelmäßigen Spende. Mit Ihrem monatlichen Beitrag sind wir immer einsatzbereit und können auf Naturkatastrophen wie jetzt in Libyen sofort reagieren. 
Wir bitten um zweckungebundene Spenden, damit wir die Mittel bedarfsgerecht einsetzen können. So können wir flexibel reagieren und dort helfen, wo die Not am größten ist.

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Die Lage in Libyen abseits der Naturkatastrophe

Die Situation für Migrant*innen in Libyen ist katastrophal. Hunderttausende von ihnen kommen auf der Suche nach Arbeit dorthin, um ihre Familie in ihren Herkunftsländern finanziell zu unterstützen. Eine Minderheit versucht von Libyen aus sich auf den Weg über das Mittelmeer nach Europa zu machen.   

Internierungslager: Folter und Menschenhandel

Die Migrant*innen in Libyen gelten per Gesetz als illegale Einwander*innen und somit als Straftäter*innen. Sowohl die Einreise in das Land als auch die Absicht, es wieder zu verlassen, gelten als Inhaftierungsgrund. Bewaffnete Gruppen und Menschen-Schmuggler nehmen regelmäßig Geflüchtete fest und verschleppen sie in Internierungslager. Die Lage in den Gefängnissen ist dramatisch. Folter und gewaltsame Erpressung gehören zur Tagesordnung. Die Inhaftierten müssen für ihre Freilassung bezahlen, oft setzen die Lagerbetreiber auch ihre Familien unter Druck oder verkaufen die Migrant*innen als Arbeitskraft. 

Medizinische Versorgung kaum möglich  

Wir haben im August 2023 den Großteil unsere Arbeitin der Hauptstadt Tripolis u.a. wegen Problemen beim Zugang zu Patient*innen beendet. Diese Entscheidung ist uns sehr schwergefallen. Lediglich unsere Aktivitäten im Rahmen des Nationalen Tuberkulose-Programms und unsere diesbezügliche Arbeit in zwei Krankenhäusern der Stadt werden wir bis Ende des Jahres weiterführen.  Zuvor konnten unsere Mitarbeitenden die wenigen offiziellen Haftanstalten in der Hauptstadt Tripolis unregelmäßig aufsuchen. Dort trafen sie immer wieder auf mangelernährte Insass*innen. Es gibt dort keine Betten und nur wenige verdreckte Toiletten. Unter schwierigen Bedingungen versuchten unsere Teams, wenigstens eine medizinische Grundversorgung und psychosoziale Hilfe sicherzustellen. Die meisten Geflüchteten befinden sich jedoch in inoffiziellen Haftanstalten.  Unsere Teams behandelten Menschen, die aus der Gefangenschaft entkommen konnten und boten Überlebenden von Folter und Menschenhandel psychologische Unterstützung an. Trotzdem konnten wir selbst bei Menschen mit schwersten physischen oder psychischen Erkrankungen oft keine kontinuierliche medizinische Versorgung sicherstellen.   

Als wir in Libyen ankamen, wurden wir direkt verkauft. Nach einigen Monaten kam die Polizei, die uns freilassen sollte. Stattdessen steckten sie uns einfach in ein Gefängnis in Tripolis. Ich zahlte mehr als 2.000 Euro, um freigelassen zu werden, und versuchte dann vergangenes Jahr, auf dem Seeweg zu entkommen. Aber die libysche Küstenwache fing uns ab und steckte uns wieder ins Gefängnis. Die Wärter schlugen den Leuten auf den Kopf, während sie auf dem Boden lagen. Sie wurden auch gezwungen, die Beine in die Luft zu strecken. Dann schlugen sie weiter, bis sie bluteten und bluteten. Das ist Folter! 

- Abebi*, 26-jährige nigerianische Frau (*Name geändert)  

Pushbacks auf dem Mittelmeer: Rückkehr in die Hölle

Einige der nach Libyen einreisenden Migrant*innen versuchen von dort aus, das zentrale Mittelmeer zu überqueren. Unser Team auf dem Rettungsschiff Geo Barents wird regelmäßig Zeuge davon, wie die libysche Küstenwache Geflüchtete aus internationalen Gewässern völkerrechtswidrig zurück nach Libyen drängt. Dabei kommt es häufig zu riskanten Manövern, die die Menschen auf hoher See in Gefahr bringen. Gewaltsam werden die Migrant*innen dann zurück nach Libyen verschleppt.

Dort sind sie erneut Inhaftierung, Menschenhandel und Folter ausgesetzt. Dieser Praxis liegen Migrationsabkommen der EU und Italien zugrunde, die eine massive finanzielle Unterstützung der libyschen Küstenwache vorsehen. Auch die Bundesregierung ist an der Ausbildung der libyschen Küstenwache beteiligt. Wir fordern deshalb, dass die europäische und die deutsche Unterstützung illegaler Rückführungen Geflüchteter nach Libyen beendet wird und setzen uns für die Schaffung legaler und sicherer Fluchtwege nach Europa ein. Um nach Libyen zurückgedrängte Geflüchtete zu unterstützen, bieten unsere Mitarbeiter*innen in Libyen außerdem medizinische Versorgung an zwei Ausschiffungspunkten an.

EU-Migrationsbericht

Unser umfassender Report macht auf die verheerenden gesundheitlichen Folgen der Migrationspolitik aufmerksam.

Zuletzt aktualisiert am 05.12.2023