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Zugang zu Medikamenten

Gesundheit ist ein Menschenrecht und darf keine Frage des Geldbeutels sein.

Millionen Menschen erhalten nicht die medizinische Versorgung, die sie für ihre Gesundheit oder ihr Überleben bräuchten. Wir setzen uns auch politisch dafür ein, dass sich das ändert. 

Die wichtigsten Fakten

Lebensnotwendige medizinische Güter sind ungleich verfügbar.

Viele Menschen können sich die Medikamente und Medizinprodukte wie Diagnostika und Impfstoffe schlicht nicht leisten, weshalb nicht jede Patient*in die notwendige Behandlung erhält, auch wenn diese verfügbar ist.  

Und für viele Krankheiten, wie Kala Azar und Buruli Ulcer gibt es bislang gar keine wirksamen Arzneimittel. Oder wie im Fall der Vergiftung durch Schlangenbisse, gibt es zwar einige Gegengifte, allerdings nicht dort, wo sie gebraucht werden.

Denn nicht jede Krankheit wird in der Forschung mit der gleichen Aufmerksamkeit bedacht - selbst, wenn sie Millionen Menschen betrifft. 

Das System verfehlt sein Ziel: Profit vor Gesundheit.

Die fehlende Forschung an bestimmten Impfstoffen, Diagnostika und Medikamenten ist das Resultat eines fehlgeleiteten Forschungssystems. Forschung und Entwicklung findet hauptsächlich zu Produkten statt, die am Ende möglichst hohe wirtschaftliche Gewinne generieren.  

Forschung orientiert sich damit nicht an den größten medizinischen Bedürfnissen. Was zählt, ist der Unternehmensumsatz.  

Daher sind Krankheiten, die zwar Millionen Menschen in ärmeren Ländern betreffen, in wohlhabenderen Ländern aber nicht häufig auftreten, oder Krankheiten, die nicht dauerhaft behandelt werden müssen, in der Forschung und Entwicklung vernachlässigt – obwohl der Bedarf sehr hoch ist.  

Wenn es brauchbare Präparate gibt, sind sie für die Betroffenen oft nicht bezahlbar – sowohl in Ländern mit hohem wie auch in Ländern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen. Die aktuellen Preise für hochwirksame Medikamente gegen Hepatitis C oder Krebs sind hierfür viel diskutierte Beispiele.  

Aus ökonomischer Sicht handelt es sich um ein klassisches volkswirtschaftliches Marktversagen, da der Markt nicht in der Lage ist, den gesellschaftlichen Bedarf zu decken. 

Die dramatischen Auswirkungen sehen wir in unserer täglichen Arbeit – besonders deutlich wurde es aber in verschiedenen Krisen: während der HIV/Aids-Epidemie in den 2000er Jahren, während der Ebola-Epidemie in Westafrika 2014 - 2016 und der Covid-19-Pandemie 2020 - 2023. Tausende Menschen starben, obwohl zum großen Teil mit öffentlichen Geldern entwickelte Impfstoffe und Behandlungsmöglichkeiten existierten, die viele Leben hätten retten können. 

Hohe Preise sind nicht gleich teure Forschung.

Oft werden hohe Kosten für Forschung und Entwicklung als Grund für astronomische Medikamentenpreise angegeben. Was die Entwicklung neuer Impfstoffe, Diagnostika und Medikamente private Unternehmen tatsächlich kostet, lässt sich aber nicht abschließend beantworten. Pharmazeutische Unternehmen veröffentlichen hierzu keine belastbaren Zahlen. Trotzdem wird wiederholt behauptet, dass es bis zu 2,6 Milliarden US-Dollar koste, ein neues Medikament auf den Markt zu bringen. Diese Intransparenz ist verheerend, denn ohne Informationen lassen sich Preisverhandlungen nur selten sinnvoll führen. 

Neben den Kosten für Forschung und Entwicklung begründen Unternehmen die hohen Preise oft mit notwendigen Investitionen zur Erforschung zukünftiger Behandlungen. Tatsächlich jedoch reinvestieren die Unternehmen nur einen sehr geringen Anteil ihrer Gewinne in die Forschung. Von den zehn größten Pharmafirmen weltweit gibt lediglich ein Unternehmen an, mehr Geld für Forschung als für Marketing auszugeben.  

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Diese acht Pharmaunternehmen geben deutlich mehr Geld für Marketing als für Forschung und Entwicklung aus.
© MSF

Trotzdem fordern Regierungen weltweit bisher wenig bis keine Transparenz zu den Forschungs- und Entwicklungskosten ein, obwohl staatliche Gelder die Forschung und Entwicklung neuer biomedizinischer Produkte zu einem Großteil mitfinanzieren.  

Patient*innen weltweit zahlen für Medikamente im Grunde doppelt:  

  1. Indem ihre Steuergelder die Grundlagenforschung mitfinanzieren.  
  2. Indem sie aus der eigenen Tasche oder durch die Krankenkassen, die sie mitfinanzieren, die immensen Produktpreise zahlen.  

Um einen zielführenden Diskurs über faire Preise und die bestmögliche Finanzierung von Forschung zu führen, sind Informationen zu den tatsächlichen Kosten von Forschung und Entwicklung sowie die Preisgestaltung von Medikamenten essentiell. 

Die UN empfiehlt das sogenannte Entkoppelungskonzept.

Um die Lücken des derzeitigen Innovationssystems zu schließen, ist es notwendig, die Kosten für Forschung und Entwicklung von den finalen Produktpreisen und Verkaufsmengen zu entkoppeln.  

Das sogenannte Entkoppelungskonzept (de-linkage-concept), welches auch von den Vereinten Nationen (UN) empfohlen wird, sollte als Grundlage für eine solche Entkopplung dienen. Es beschreibt eine Forschungsförderung, die bedarfsorientiert und evidenzbasiert ist sowie den Prinzipien der Bezahlbarkeit, Effektivität, Effizienz und Gleichheit als globale gemeinsame Verantwortung gerecht wird. Bei diesen innovativen Ansätzen wird Forschung und Entwicklung durch neue Mechanismen finanziert, die nicht auf hohe Absatzmengen oder Produktpreise abzielen. Nur so kann gewährleistet werden, dass notwendige Forschung auch dann stattfindet, wenn keine riesigen Unternehmensgewinne winken und die finalen Produkte für alle Menschen weltweit bezahlbar sind.  

Effektive Gesundheitsprodukte konnten so bereits entwickelt werden, wie zum Beispiel ein Meningitis-Impfstoff zum Preis von 0,50 US-Dollar pro Dosis sowie weitere neue, bezahlbare Behandlungen von vernachlässigten Krankheiten.

Die Politik ist gefragt: Schützt Menschen, nicht Profite!

Um die Forschung an dringend benötigten Impfstoffen, Diagnostika und Medikamenten zu sichern, müssen andere Anreize für Forschung und Entwicklung sowie entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dabei müssen insbesondere die Bedürfnisse von Menschen in ärmeren Ländern und der bestehende medizinische Bedarf in den Vordergrund gestellt werden.  

Ein erster Schritt wäre es, zum Beispiel Bedingungen an die Vergabe von öffentlichen Forschungsgeldern zu knüpften. Eine weitere Möglichkeit wäre, Produktentwicklungspartnerschaften wie etwa das DNDi, die vor allem non-profit Forschung betreiben, zu fördern und Forschungsprämien in diesem Bereich zu vergeben und damit Forschungs- und Produktionskosten voneinander zu entkoppeln.  

Und in Vorbereitung auf die nächste Pandemie, können jetzt global, rechtlich bindende Systeme und Regelungen geschaffen werden, die eine bedarfsgerechte Produktion und Verteilung von lebensnotwendigen Gesundheitsprodukten im Pandemiefall ermöglichen.

Deutschland beansprucht für sich die Rolle des “Global Health Champion”

Es ist eine politische Aufgabe, dem Marktversagen in der biomedizinischen Forschung und Entwicklung zu begegnen.  

Deutschland ist ein zentraler Akteur und einer der größten Geber im Bereich Globale Gesundheit (u.a. der WHO) und Humanitäre Hilfe weltweit). Die deutsche Bundesregierung hat sich seit ihrer G7-Präsidentschaft 2015 und der darauf folgenden G20-Präsidentschaft auf internationalen Bühnen als “Global Health Champion” präsentiert und stark für Globale Gesundheit eingesetzt:  

Sie brachte die Themen Globale Gesundheit, Umgang mit antimikrobiellen Resistenzen sowie Forschungsförderung für armutsassoziierte und vernachlässigte Tropenkrankheiten auf die Agenda. Und hat Erfolge erzielt. 

In Linie mit diesem Engagement haben deutsche Politiker*innen während der Covid-19-Pandemie betont, dass das globale Problem nur in globaler Zusammenarbeit gelöst werden kann und dafür Solidarität unabdingbar ist - allen voran die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, aber auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen. Den Worten folgten aber keine Taten: Deutschland, als Teil der EU, blockierte den TRIPs-Waiver-Antrag in der WTO und unterminierte die Covax-Initative.  

Doch das Image Deutschlands als Champion für Globale Gesundheit ist mittlerweile hohl. Es braucht kohärentes politisches Handeln! Die Bundesregierung könnte ihre einflussreiche Stimme alleine sowie in der Europäischen Union nutzen, um echten Wandel herbeizuführen. 

Wie wir uns einsetzen 

  • Wir sprechen mit politischen Entscheidungsträger*innen, erklären Zusammenhänge und Konsequenzen, berichten aus unseren Projekten und übermitteln unsere politischen Forderungen.  
  • Wir informieren und machen Lärm: Wir kommunizieren zu diesem Thema, zeigen immer wieder auf wie gravierend die Auswirkungen sind und gehen, wenn nötig auf die Straße und demonstrieren. 
  • Wir vernetzen uns mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren und agieren gemeinsam, unter anderem im Memento-Bündnis für vernachlässigte Krankheiten. 
  • Wir entwickeln gemeinsam mit anderen humanitären Organisationen alternative Forschungsmodelle: zum Beispiel die Drugs for Neglected Diseases initative (DNDi). 
  • Mit der Initiative DNDi arbeiten wir an der Erforschung und Entwicklung sicherer, wirksamer und bezahlbarer Arzneimittel für vernachlässigte Krankheiten. Diese Medikamente sollen patentfrei bleiben, um Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen die Produktion zu ermöglichen. 

Unsere Themen im Detail

Tuberkulose - (k)ein Ende in Sicht?

Tuberkulose gibt es seit Jahrhunderten. Die existierenden Behandlungen sind weltweit ungleich verfügbar. Wir setzen uns auf verschiedenen Ebenen dafür ein, dass sich das ändert.

Bezahlbare Diagnostika jetzt!

Wir fordern den Hersteller Cepheid auf, den Preis für seinen GeneXpert-Test auf 5 Dollar zu senken, damit mehr Menschen mit Tuberkulose, HIV und Ebola rechtzeitig die lebensrettende Behandlung erhalten können. Machen Sie mit!

Pandemievorsorge

Pandemien können Millionen Menschenleben fordern und Gesundheitssysteme überwältigen. Deshalb ist es notwendig, länderübergreifend Regeln zu entwerfen, die in der nächsten Pandemie die Zusammenarbeit garantieren und Leben retten.

Vernachlässigte Krankheiten

Jährlich sterben Zehntausende Menschen an sogenannten vernachlässigten Krankheiten. Es fehlt an Diagnostika, Präventionsmitteln und Medikamenten. Wir setzen uns dafür ein, dass sich das ändert.

Erfolgsgeschichten