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Sudan

Sudan: Plünderung medizinischer Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen

Ärzte ohne Grenzen verurteilt die inakzeptablen Übergriffe auf Mitarbeitende der Organisation und die gewaltsame Plünderung und Besetzung ihrer medizinischen Einrichtungen im Sudan. Mitarbeitende und Patient*innen erleben immer wieder, dass bewaffnete Gruppen in die Räumlichkeiten von Ärzte ohne Grenzen eindringen. Hauptsächlich werden dabei Medikamente, Vorräte und Fahrzeuge gestohlen. Diese Missachtung der humanitären Prinzipien und des humanitären Völkerrechts erschweren es der Hilfsorganisation, Menschen in einer Zeit zu unterstützen, in der sie dringend medizinische Hilfe benötigen. 

Ärzte ohne Grenzen betreut in zehn sudanesischen Bundesstaaten medizinische Projekte. Seit Ausbruch der heftigen Kämpfe zwischen dem sudanesischen Militär und den Rapid Support Forces (RSF) am 15. April 2023 versucht die Hilfsorganisation ihre medizinischen Aktivitäten auszubauen. Gewalt, aggressive bewaffnete Übergriffe, Plünderungen oder bewaffnete Besetzungen der Räumlichkeiten sowie administrative und logistische Probleme behindern dies.

Die Hilfsorganisation appelliert an alle Kriegsparteien, die Sicherheit des medizinischen Personals und der Gesundheitseinrichtungen zu gewährleisten. Krankenwagen und Menschen, die medizinische Hilfe suchen, muss Bewegungsfreiheit gewährt und humanitären Helfer*innen und Organisationen der Zugang erleichtert werden.

Wir erleben eine Verletzung der humanitären Grundsätze, und der Spielraum für humanitäre Helfer*innen schrumpft in einem Ausmaß, wie ich es selten erlebt habe",

- sagt Jean-Nicolas Armstrong Dangelser, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen im Sudan.

Nach der Plünderung eines unserer medizinischen Lagerhäuser in Khartum wurden die Kühlschränke ausgesteckt und die Medikamente entwendet. Die gesamte Kühlkette wurde unterbrochen, so dass die Medikamente verdorben sind. Wir sind erschüttert und entsetzt über diese Angriffe. Die Menschen befinden sich in einer verzweifelten Lage, die medizinische Versorgung ist dringend notwendig, aber diese Anschläge machen die Arbeit enorm schwierig." 

Vorfälle bei Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen im Sudan seit Beginn des Konflikts

  • Zwischen dem 16. und 20. Mai 2023 wurde ein Lagerhaus von Ärzte ohne Grenzen in Khartum geplündert und besetzt. Medikamente, Treibstoff und Fahrzeuge wurden gestohlen. Weitere Medikamente wurden in der Folge unbrauchbar.
  • Zwischen dem 17. und 23. Mai wurde das Büro von Ärzte ohne Grenzen in Salingei, Zentraldarfur, geplündert. Das dortige Ausbildungskrankenhaus wurde geplündert, der Generator zerstört und der von Ärzte ohne Grenzen gespendete Treibstoff für den Betrieb von Generatoren und Krankenwagen gestohlen. 
  • Am 19. Mai 2023 wurden drei Fahrzeuge von Ärzte ohne Grenzen entwendet, nachdem bewaffnete Männer in ein Büro von Ärzte ohne Grenzen in Khartum eingedrungen waren.  
  • Am 18. Mai 2023 wurde eine Unterkunft von Ärzte ohne Grenzen in Nyala, Süd-Darfur, geplündert. Die Hilfsorganisation sah sich bereits zuvor gezwungen, ihre medizinischen Aktivitäten in Süd-Darfur einzustellen, nachdem das Gelände von Ärzte ohne Grenzen sowie ein Lagerhaus der Organisation in Nyala am 16. April 2023 gewaltsam geplündert und zwei Fahrzeuge gestohlen worden waren. Das Lagerhaus ist weiterhin von bewaffneten Gruppierungen besetzt.  
  • Am 11. Mai 2023 wurde ein Büro von Ärzte ohne Grenzen in Khartum geplündert und zwei Fahrzeuge gestohlen. 
  • Am 4. Mai 2023 wurde ein Büro von Ärzte ohne Grenzen in Al-Geneina geplündert.  
  • Am 26. April 2023 wurde auch das Ausbildungskrankenhaus von Al-Geneina geplündert, in dem Ärzte ohne Grenzen die Abteilungen für Pädiatrie und Ernährungstherapie betreut hatte. Teile der Klinik wurden beschädigt oder zerstört. Das Krankenhaus bleibt nach dem Angriff weiterhin geschlossen.

Diese Angriffe beschränken sich nicht auf Ärzte ohne Grenzen und sind Teil einer Entwicklung, in der beide Kriegsparteien das Leben von Zivilist*innen, die Infrastruktur und Gesundheitseinrichtungen missachten. Seit Beginn des Konflikts hat die WHO 38 Angriffe auf das Gesundheitswesen dokumentiert (am 22. Mai wurden die Zahlen zum letzten Mal aktualisiert). Gemäß des humanitären Völkerrechts sind die Kriegsparteien dazu aufgerufen, Krankenhäuser und Mitarbeitende des Gesundheitswesens zu schützen. Trotzdem gibt es Berichte über die Besetzung von Krankenhäusern durch bewaffnete Gruppen.

Das alles passiert zu einem Zeitpunkt, zu dem der Konflikt bereits schwerwiegende Auswirkungen auf die Bevölkerung im Sudan hat. Die Menschen in Khartum, Darfur und an anderen Orten, an denen die Kämpfe besonders heftig sind, erleiden Schusswunden, werden Opfer von sexualisierter Gewalt oder durch Messerstiche und Explosionen verletzt. 

Im ganzen Land herrscht ein Mangel an Nahrungsmitteln und Trinkwasser. Die Menschen müssen ihre Unterkünfte verlassen, um sich mit dem Nötigsten zu versorgen. Der Zugang zu humanitärer Hilfe und medizinischer Versorgung ist lebenswichtig, doch dem sudanesische Gesundheitssystem fehlte es bereits vor dem neuerlichen Konflikt an lebenswichtigen Gütern. Der Transport von Hilfsgütern von einem Teil des Landes in einen anderen kann äusserst schwierig sein. Ärzte ohne Grenzen konnte zwar in den ersten Wochen des Konflikts Notfallteams in den Sudan bringen, seither ist es aber schwierig, die notwendige Erlaubnis zu erhalten, an Projektstandorte zu reisen oder Visa für zusätzliche Mitarbeitende zu bekommen.

Ärzte ohne Grenzen betreibt Projekte in den sudanesischen Bundesstaaten Al-Dschasira, El-Gedaref, Kassala, Khartum, Rotes Meer, Nord-, West-, Süd- und Zentraldarfur sowie Blauer Nil. Dazu gehören die Behandlung von Kriegsverletzten in Khartum und Nord-Darfur, die Bereitstellung von Gesundheits- sowie von Wasser- und Sanitärdiensten für Geflüchtete und Vertriebene in den Bundesstaaten Al-Gedaref und Al-Dschasira sowie die Bereitstellung von Spenden für medizinische und andere Hilfsgüter für Gesundheitseinrichtungen. Als neutrale, unabhängige und unparteiische medizinische Organisation stellt Ärzte ohne Grenzen den Menschen eine medizinische Versorgung zur Verfügung, die sich allein nach ihren Bedürfnissen richtet, und behandelt diejenigen, die sie am dringendsten benötigen – unabhängig davon, auf welcher Seite des Konflikts sie stehen. 

Für weitere Auskünfte sprechen Sie uns an

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Portrait: Katharina Wiechers
Katharina Wiechers
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