Während des jährlich wiederkehrenden saisonalen Nahrungsmittelengpasses im Tschad gehen vielen Menschen die Vorräte aus der vergangenen Ernte aus. Armut, ein niedriges Bildungsniveau und Arbeitslosigkeit tragen dazu bei, dass viele Familien dazu gezwungen sind, ihre Mahlzeiten stark zu reduzieren oder Schulden aufzunehmen, um Nahrungsmittel kaufen zu können. Viele ringen ums Überleben. Obwohl auf nationaler Ebene ermutigende Schritte unternommen wurden, der Situation zu begegnen, gibt es noch eine entscheidende Lücke zwischen den theoretischen Strategien zur Verbesserung und deren praktischer Umsetzung.
Unsere Teams reagieren daher zum viertel Mal innerhalb von fünf Jahren auf eine akute Ernährungskrise im Tschad. Schätzungen zufolge sind rund 3,4 Millionen Menschen von den Auswirkungen betroffen. Landesweit leiden 495.000 Kinder an akuter Mangelernährung. Unsere Fotostory zeigt, wie wir auch schwer mangelernährten Kindern helfen, wieder zu Kräften zu kommen und gesund zu werden.

Wir arbeiten in der Intensivstation des Krankenhauses der Stadt Bokoro: Der 18 Monate alte Mahamat wird von seiner Mutter Achta Djibrine mit therapeutischer Milch gefüttert. Viele mangelernährte Kinder sind zu schwach, um ihren Kopf aufrecht zu halten und brauchen Hilfe beim Trinken.

Mit einem speziellen farbigen Massband messen unsere Teams den Oberarmumfang von Kindern und erhalten damit erste Hinweise, wie gut ernährt sie sind. Bei dem Kind im Bild ist das Ärmchen so dünn, dass das Massband den roten Bereich anzeigt, der eine schwere Mangelernährung anzeigt. Neben dem Nahrungsmittelmangel sind übrigens auch der eingeschränkten Zugang zu sauberem Wasser und schlechte Sanitäranlagen Schlüsselfaktoren, die direkt oder indirekt zu Mangelernährung führen können.

Unser Pfleger Deogracias Kabila untersucht ein mangelernährtes Kind während seiner morgendlichen Routinerunde im Krankenhaus. Nach der stationären Phase erhielten die Eltern der Kinder von uns spezielle therapeutische Nahrung, um die Behandlung auch zu Hause fortsetzen zu können.

Achta Djibrine wacht über ihren 18 Monate alten Sohn Mahamat, während seine Herzfrequenz und Körpertemperatur alle 30 Minuten gemessen werden. Kindern unter fünf Jahren sind besonders häufig von Mangelernährung betroffen. Je schwächer ihr Immunsystem ist, desto anfälliger sind sie auch für andere Krankheiten. In Ländern wie dem Tschad ist dieses Risiko noch einmal höher, da hier regelmäßig Epidemien ausbrechen und die Impfraten niedrig sind.

Malaria-Tests: Alle Kinder müssen auch auf Malaria getestet werden. Denn während der Regenzeit zwischen Juli und Oktober steigt die Zahl der Malaria-Erkrankungen deutlich. Dies fällt in die Zeit des saisionalen Nahrungsmittelengpasses. Wenn zur Mangelernährung aber eine weitere Krankheit hinzukommt, stellt dies eine erhebliche Zusatzbelastung für den Körper dar.

Eine Krankenschwester führt bei einem Kind einen Malaria-Schnelltest durch: 29 Prozent aller in Bokoro wegen Mangelernährung behandelten Kinder leiden auch an Malaria, 30 Prozent an wässrigem Durchfall und 15 Prozent an Atemwegsinfektionen.

Der 14 Monate alte Idriss und seine Familie sind auf dringende Hilfe angewiesen: Das raue Klima Bokoros führt zu Ernteausfällen, Nutztiere haben kein Futter. Damit werden die Nahrungsmittel knapp, die Gefahr von Mangelernährung bei Kindern steigt. Selbst abseits der Sahel-Zone, wo das Klima weniger extrem und Lebensmittel weitgehend vorhanden sind, haben die Menschen immer noch Schwierigkeiten, genügend nahrhaftes Essen zu bekommen.

Das schlecht funktionierende Gesundheitssystem, dem es massiv an finanziellen Ressourcen, qualifizierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und Behandlungsmöglichkeiten mangelt, bringt Gemeinden überall im Tschad in die Gefahr wiederkehrender Nahrungsmittelkrisen. Daher bieten wir bei akutem Bedarf wie er zurzeit besteht, neben der Hilfe im Krankenhaus auch ambulante Behandlungen in insgesamt zehn Gesundheitszentren der Region - an fünf Tagen pro Woche.

Ein Beispiel für unsere ambulante Hilfe in der Region: Im Gesundheitszentrum in Abgode wiegen und versorgen unsere Mitarbeiter mangelernährte Kinder. Sie werden dort ambulant versorgt – bei schwerer Mangelernährung mit Komplikationen, etwa in Form von Krankheiten, überweisen wir die kleinen Patienten zur stationären Behandlung nach Bokoro. Seit Juli 2015 konnten unsere Teams so in der ganzen Region mehr als 2.360 schwer mangelernährte Kinder stationär und ambulant behandeln.

“Wir haben den vierten Notfall innerhalb von fünf Jahren. Es muss mehr getan werden, um die strukturellen Ursachen von Mangelernährung zu bekämpfen”, fordert unser Landeskoordinator im Tschad, Albert Jodra.