
Hunderte Menschen stehen auf der Warteliste für eine Operation in unserer Spezialklinik für rekonstruktive Chirurgie in der jordanischen Hauptstadt Amman. Dort behandeln wir Kriegsverletzte aus vielen Ländern des Nahen Ostens. Unsere Teams können komplizierte Eingriffe auf den Gebieten der orthopädischen, plastischen und der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie vornehmen. Zudem erhalten Betroffene physiotherapeutische und psychologische Unterstützung. Obwohl wir die Kapazitäten mehrmals ausgeweitet haben, reichen sie immer noch nicht aus, um den vielen Patienten und Patientinnen zu helfen, die Schlimmes durchgemacht haben.

Nora Abdullah, 28 Jahre alt, stammt aus Gaza. Sie wurde wegen einer Verletzung am Unterkiefer in unser Krankenhaus in Amman gebracht. Wie es zu der Verletzung kam, schildert sie folgendermaßen: „Ich war in der Küche und machte das Frühstück, als plötzlich eine Granate durchs Fenster flog und explodierte. Mein Mann war sofort tot. Ich wurde am Unterkiefer schwer verletzt. Zum Glück ist meinen drei Töchtern nichts passiert.“

Patientinnen und Patienten wie Nora Abdullah werden durch ein Netzwerk von acht Medizinern im Irak, in Syrien, im Jemen und im Gazastreifen identifiziert. Das Netzwerk arbeitet mit dem Team in Amman eng zusammen und überweist Patienten und Patientinnen in die Klinik. Seit 2006 haben wir in dieser Klinik 4.224 Patienten behandelt und mehr als 9.000 Mal operiert. Allein in der ersten Hälfte 2016 wurden 300 Verwundete operiert. Aktuell stehen hunderte Namen auf der Warteliste.


Nicht alle Patienten sind so entschlossen wie Erfan Amari. Viele haben angesichts unvorstellbaren Grauens tiefe psychische Wunden davongetragen. Ihr Leben hat sich durch entstellende Verletzungen und den Verlust Angehöriger für immer verändert. Sie werden in unserer Klinik von speziell geschulten Mitarbeitern wie Hassan Abu Hatab psychosozial betreut. „Wie ich meine Arbeit mit einfachen Worten beschreiben würde?“, fragt er. „Ich gehe auf jeden noch so kleinen Wunsch unserer Patienten ein und verbringe ganz viel Zeit mit ihnen. Ich bin Tag und Nacht für sie da.“

Dr. Nasr Al Deen Al Omari, Psychologe in unserer Klinik, fügt hinzu: “Wir möchten wieder Stabilität in die seelische Verfassung unserer Patienten zu bringen. Wir wollen sie dabei unterstützen, erneut Anschluss an ihre Gemeinschaften zu finden - schon während der Behandlung, aber natürlich auch danach. Sie haben schwere Traumata erlitten durch die Gewalt, die sie erlebt haben. Sie haben Angehörige und Freunde verloren, ihr Besitz wurde zerstört und sie wurden vertrieben.“

Saleem Omar ist Physiotherapeut und arbeitet bereits seit 2013 für uns. Das Foto wurde während eines Behandlungstermins mit dem 14-jährigen Motaz aufgenommen, der aus Gaza stammt. "Motaz traf im vergangenen April bei uns ein. Er hatte schwere Verbrennungen und erhielt Hauttransplantationen, um die verlorene Bewegungsfreiheit und Funktionalität in Ellbogen und Handgelenk wiederherzustellen. Die Rolle eines Physiotherapeuten in einem solchen Fall ist es, die Flexibilität der Haut zu erhöhen und die Muskeln zu stärken."

Amani Al-Bohaisi kümmert sich um die Gesundheitsaufklärung in unserer Klinik. Auch ihr liegt das Wohlergehen der Menschen, die dort operiert werden, sehr am Herzen: „Das Krankenhaus ist für unsere Patienten wie ein zweites Zuhause. Wir wollen dafür sorgen, dass es für sie zum bestmöglichen Ort wird, fern ihrer vom Krieg zerrissenen Heimatländer.“
Die Warteliste mit Kriegsverletzten für eine Behandlung in der chirurgischen Spezialklinik von Ärzte ohne Grenzen in der jordanischen Hauptstadt wird immer länger. Das Krankenhaus bietet seit 2006 rekonstruktive Chirurgie für Patienten aus dem gesamten Nahen Osten an, die komplizierte Eingriffe benötigen. Zuletzt wurde die Kapazität der Klinik mehrmals ausgeweitet. Allein in der ersten Hälfte 2016 wurden 300 Verwundete aus dem Irak, Jemen, Syrien und den Palästinensischen Autonomiegebieten operiert. Hunderte stehen auf der Warteliste.
„Die Warteliste wird länger und länger, und die Patienten kommen mit immer komplizierteren Verletzungen“, sagt Dr. Hani Sleem, der medizinische Leiter des Programms. „Die Patienten kommen zu uns mit Verletzungen durch Bomben, Explosionen und Raketen. Oftmals sind ihre Knochen nicht nur gebrochen, sondern zertrümmert. Brandverletzungen erstrecken sich über den Großteil des Körpers. Bei vielen Patienten wurde das halbe Gesicht zerstört, sie haben schwere Schäden an Ober- und Unterkiefer. Viele können Körperteile nicht mehr bewegen, andere haben Arme oder Beine verloren. Sie brauchen oft eine spezialisierte rekonstruktive Chirurgie, manchmal über viele Monate oder gar Jahre hinweg.“